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Differentielle Prozessierung von Wirtspflanzentoxinen bei herbivoren Insekten als evolutionärer Vermittler multitrophischer Interaktionen

Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Biochemie und Physiologie der Tiere
Evolution, Anthropologie
Organismische Interaktionen, chemische Ökologie und Mikrobiome pflanzlicher Systeme
Förderung Förderung von 2016 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 325915028
 
Pflanzengifte spielen eine wichtige Rolle für die Koevolution von Insekten und Pflanzen, da sie eine Barriere darstellen, die von herbivoren Insekten durch Anpassungen überwunden werden muss. Allgemein wird angenommen, dass Insekten Resistenzen gegen bestimmte Pflanzengifte entwickeln, um Pflanzen als Nahrungsressource zu nutzen. Weiterhin speichern viele Insekten jedoch Pflanzengifte zum Schutz gegen Räuber und Parasitoide (Sequestration). Bestimmte Resistenzmechanismen hängen hierbei direkt mit der Sequestration von Pflanzengiften zusammen, d.h. auch Räuber und Parasitoide können auf bestimmte Anpassungen selektieren. Wir konnten zeigen, dass bei Ritterwanzen (Heteroptera: Lygaeinae) bereits existierende Resistenzmechanismen und die Fähigkeit zur Sequestration, evolutionär neue Assoziationen mit bestimmten Pflanzen, welche die gleichen Pflanzengifte wie die ursprüngliche Wirtspflanzenfamilie bilden, begünstigt hat. Demnach kann auch der Erwerb von Verteidigungssubstanzen und nicht nur die Erschließung neuer Nahrungsquellen spezialisierte Pflanzen-Insekten Interaktionen evolutionär vermitteln. Die Ritterwanze Spilostethus saxatilis sequestriert große Mengen des giftigen Tubulin-Inhibitors Colchicin aus Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale). Dies ist besonders bemerkenswert, da sie, wie alle Ritterwanzen, bereits Herzglykoside sequestrieren kann und über eine herzglykosidresistente Na+/K+-ATPase verfügt. Zusätzlich verfügt die Wanze über einen Resistenzmechanismus gegen Colchicin, der bei der nahverwandten S. pandurus fehlt. Hier werden wir die Grundlage der Colchicinresistenz bei S. saxatilis untersuchen und zudem die Evolution der Sequestration von Colchicin und der Colchicinresistenz adressieren. Wir werden Hypothesen a) auf molekularer Ebene, b) auf funktioneller Ebene, und c) im phylogenetischen und organismischen Kontext testen. Anhand bereits existierender Transkriptom- und Genomdaten werden wir prüfen, ob S. saxatilis eine Wirkortresistenz gegen Tubulin entwickelt hat. Hierfür werden wir die für α- und β-tubulin kodierenden Gene von S. saxatilis auf Aminosäureaustausche in der Colchicinbindestelle sowie auf Genduplikationen untersuchen und mit anderen Ritterwanzenarten vergleichen. Weiterhin werden wir S. saxatilis-Tubulin in vitro untersuchen, um es auf eine verringerte Affinität gegenüber Colchicin zu untersuchen. Gleichzeitig werden wir Injektionsexperimente mit kompetitiven Colchicinantagonisten durchführen, um zu überprüfen, ob bei S. saxatilis eine Kreuzresistenz gegen diese Substanzen vorliegt. Zuletzt werden wir vergleichende Untersuchungen im phylogenetischen Kontext durchführen, um die Evolution der Colchicinsequestration, der Resistenz gegenüber oral aufgenommenem (wie wir sie bei S. pandurus beobachtet haben) sowie sequestriertem Colchicin nachzuvollziehen. Unsere Untersuchungen werden erlauben, die mechanistischen Grundlagen sowie die Evolution eines neuartigen Sequestrationssyndroms vollständig zu verstehen.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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