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Das Gemeinsame als Imagination und Praxis: Prozesse gemeinwohlorientierter Infrastrukturierung rechtsanthropologisch und geschlechtertheoretisch

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 259250500
 
Im Zentrum des Teilprojekts steht mit Gemeinwohl ein rhetorisches wie praxisgenerierendes Konzept, das auf ein Gemeinsames verweist und dieses zugleich mit hervorbringt. Während in der ersten Projektphase gezeigt werden konnte, wie die individualrechtliche Ausgestaltung von Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsrecht Kollektivierungsprozesse und Geschlechterordnungen in spezifischer Weise formt, soll in der zweiten Projektphase untersucht werden, wie sich der im Begriff des Gemeinwohls verankerte Bezug auf ein größeres, über das Individuum hinausweisendes Ganzes in rechtsbezogenen Diskursen und Praktiken artikuliert. Es interessiert, welche Vorstellungen eines „Gemeinsamen“ oder auch „Allgemeinen” dabei aktualisiert, mobilisiert oder auch zurückgewiesen werden. Gemeinwohl wird dabei zunächst als situativ variable Größe verstanden, die in Praktiken des Redens und Tuns hervorgebracht wird. Es konstituiert sich durch seine Mobilisierung und wirkt zugleich selbst mobilisierend.Bearbeitet wird die Frage nach dem umkämpften Allgemeinen und neuen Gemeinsamen in Form ethnographischer Fallstudien am Beispiel der Implementierung bzw. Restrukturierung von urbanen Verkehrsinfrastrukturen (Fallstudie A: Mobilitätswende) und geburtshilflicher Versorgung (Fallstudie B: Gerechte Geburt). In beiden Forschungsfeldern werden Projekte der gemeinwohlorientierten Infrastrukturierung mit Blick auf das Wechselverhältnis von Recht, Politik und Moral mit seinen situativen und intersektional vergeschlechtlichten Politiken, Rhetoriken und Performanzen analysiert. Die ethnographische Forschung soll Aufschluss darüber geben, wie in auf Gemeinwohl orientierten Prozessen Routinen (re)organisiert, materielle wie immaterielle Grundlagen des Zusammenlebens bereitgestellt, Nutzer*innengruppen angerufen und zugleich konstituiert sowie Raum-Zeit-Arrangements geschaffen werden. Das Teilprojekt schließt dafür an praxistheoretische Überlegungen zur Infrastrukturierung an, wonach sich in Infrastrukturen technische und soziale Systeme überlappen: Infrastrukturen (ko-)konstituieren und organisieren Routinen, Subjektpositionen und (Teil)Öffentlichkeiten. Aus gendertheoretischer Perspektive und mit Bezug auf die Anthropologie der Moral zielt das Teilprojekt darauf, implizite wie explizite Ein- und Ausschlussmechanismen in Gemeinwohl sowie Auslassungen und Möglichkeiten alternativer Konzeptionierungen von Teilhabe zu identifizieren. In den Blick genommen wird, ob und wie die Arbeit am/für das Gemeinwohl mit einem spezifischen Umgang mit materiellen wie immateriellen Kapitalien und Ressourcen verbunden ist, der zur intersektionalen Differenzierung gesellschaftlicher Räume und Infrastrukturen führt.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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