Detailseite
Projekt Druckansicht

Identifikation der neurophysiologischen Grundlage von zentralem Tinnitus

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 332767752
 
Zentraler Tinnitus, die Wahrnehmung eines Geräuschs in Abwesenheit externer akustischer Reize, ist ein immer häufiger auftretendes Problem von mittlerweile bis zu 15% der erwachsenen Bevölkerung. In schweren Fällen wird eine normale Lebensführung zunehmend unmöglich und kann bei Betroffenen bis zum Suizid führen. Dennoch gibt es noch immer keine Heilung für diese Form des Tinnitus. Trotz weltweiter Forschungsanstrengungen ist es noch immer völlig unklar, welche Eigenschaften neuronaler Verarbeitung dem Phänomen tatsächlich zugrunde liegen. Hier werden verschiedene Modelle diskutiert, welche alle eine initiale Schädigung des peripheren Rezeptorepithels in der Cochlea als ursächlich für die Entstehung des Phänomens annehmen, die zu maladaptiver Neuroplastizität im zentralen auditorischen System und letztlich im auditorischen Cortex führten, die dann als Tinnitus wahrgenommen würde. Auf der Grundlage eigener Voruntersuchungen verfolgen wir die zentrale Hypothese, dass die dem Tinnitus zugrunde liegende neuronale Aktivität mittels Attraktordynamik-aufweisender, raum-zeitlicher Aktivierungsmuster im auditorischen Cortex beschrieben werden kann.Zur Beschreibung solcher Attraktordynamiken werden wir mit Multikanal-Mikroelektrodenarrays lokale Feldpotentiale sowie Einzelzellantworten in wachen, sich verhaltenden Tieren messen und die beobachteten raumzeitlichen Aktivierungsmuster mittels einer von uns weiterentwickelten statistischen Methode zur Unterscheidbarkeit dieser Muster analysieren. Wir erwarten, dass sich die in Stille gemessenen neuronalen Attraktoren bei sich entwickelndem Tinnitus (Schalltrauma-induziert und verifiziert durch Verhaltenstest und elektrophysiologische Messungen) an den Ort bewegen (in einem abstrakten n-dimensionalen Zustandsraum, wobei n der Zahl der Elektroden im Array entspricht), wo ein ein vergleichbares Perzept auslösender Reiz repräsentiert ist. Die Verlässlichkeit der Bestimmung eines Tinnitusperzepts in unseren Versuchstieren werden wir durch die Einführung eines neuen Verhaltenstests weiter verbessern.Des Weiteren wollen wir die Verhaltensrelevanz solcher Attraktoren demonstrieren. Dabei postulieren wir, dass die perzeptuelle Unterscheidbarkeit zweier Reize von der statistischen Unterscheidbarkeit der jeweiligen Attraktoren abhängt. Zur Überprüfung planen wir wie beschrieben von Tieren abzuleiten, während diese sich in einem akustischen Diskriminationstraining (Shuttle-Box) befinden, und die Diskriminationsleitung der Tiere mit der gleichzeitig gemessenen Attraktordynamik statistisch zu vergleichen.Die im Rahmen dieser Studie gewonnen Erkenntnisse sollen in einem Folgeantrag dazu genutzt werden, neuartige Trainingsstrategien zu entwickeln, die es erlauben, neuronale Attraktoren gezielt im multidimensionalen Zustandsraum so zu verschieben, dass sich die zugehörige Wahrnehmung verändert. Dieses Verfahren wird dann zur Entwicklung neuer Therapieformen gegen Tinnitus oder andere Phantomperzepte genutzt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung