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Transatlantische Ideenzirkulation und Ideentransformation: Die Wirkung der Aufklärung in den neueren frankokaribischen Literaturen

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Afrika-, Amerika- und Ozeanienbezogene Wissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Geschichte der Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 338786775
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Welche Bedeutung haben die Ideen der Aufklärung heute noch? Dieser Frage ging das Projekt nach. Die Hypothese, dass in den aktuellen frankokaribischen Literaturen trotz der augenfälligen Ablehnung europäischer Denkmuster das aufklärerische Paradigma mit seinen Ideen und kulturellen Werten in vielfältiger Weise verarbeitet und transformiert wird, konnte bestätigt werden. Aufklärung wird dabei nicht als abgeschlossene Epoche, sondern als ein offenes und zugleich normativethisch angelegtes Ensemble von Konzepten verstanden, die sich in der außereuropäischen postkolonialen Rezeption als produktive Ambivalenzen erweisen und die frankokaribischen Gesellschaften und Literaturen maßgeblich prägen. In drei Qualifikationsschriften (zwei Dissertationen und ein second book der Postdoktorandin) und einem gemeinsamen Sammelband wurden die mehrschichtigen Bezugnahmen auf die Aufklärung anhand eines breiten Korpus frankokaribischer Literatur untersucht. Es hat sich gezeigt, dass diese Literaturen in unterschiedlicher Weise an den Diskurs der Aufklärung anknüpfen und so alternative Entwürfe globalen Zusammenlebens präsentieren (Teilprojekt I, Halle), neue Poetiken des menschlichen Körpers entwerfen (Teilprojekt II, Halle) und ökologische Umgangsweisen mit der Natur erproben (Teilprojekt III, Bremen). Dabei spielen die karibischen Erfahrungen mit ihrem komplexen Geflecht aus Kolonialisierung, Entwurzelung, Sklaverei, Plantagenwirtschaft und Kreolisierung eine besondere Rolle; jedoch lassen sich solche postkolonialen Transformationen des Denkens der Aufklärung auch in anderen vom Kolonialismus geprägten Räumen finden. Die Forschungsergebnisse haben daher durchaus paradigmatischen Charakter. Es konnte gezeigt werden, dass sowohl anthropologisch-philosophische Schlüsselkonzepte rezipiert werden als auch Episteme und Axiome, konkrete Texte, narrative Muster und Erzählstrukturen, Diskursformate sowie Metaphern und Motivketten, Die Materialauswertungen haben ergeben, dass Konzepte, Texte und Motive nicht einfach übernommen werden, sondern in vielfältiger Weise Adaptionen, Transformationen und Übersetzungen erfahren, sei es in affirmativer oder in kritischer Form. Exemplarisch konnten die historisch gewachsenen Rezeptionswege anhand von konkreten Fallbeispiele zu Akteuren (Siedler, Naturforscher, Literaten), Netzwerken (Akademien, Zirkel, Clubs) und Medien (Briefe, Theaterstücke, Reiseberichte) nachgezeichnet werden. Die Annahme, dass der Wissens- und Ideentransfer in Form einer transatlantischen Zirkulationsbewegung zwischen Frankreich und der Karibik verläuft, hat sich ebenfalls bestätigt. Theoretische Überlegungen aus der Karibik selbst zu Konzepten des Transfers unterstreichen dies. Die Fallbeispiele haben gezeigt, dass die aufklärerischen Ideen durch politische Debatten, wissenschaftlichen Austausch, (Forschungs-)Reisen, Institutionen, familiäre Verbindungen, Lektüren, also über verschiedene Relaisstationen, multidirektional zirkulierten in einen polyphonen transatlantischen Diskursraum, indem sie heute noch fortwirken.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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