High-resolution imaging of the North Anatolian Fault Zone in the broader Marmara region from near-fault seismic recordings
Geophysics
Final Report Abstract
Komplexe Seismogramme bestehen aus verschiedenen Wellen-Phasen, die während der Ausbreitung von elastischen Wellen durch den heterogenen Untergrund von Quelle zu Empfänger erzeugt werden können. Die Analyse dieser Phasen kann dazu beitragen, die Geometrie und Geschwindigkeitsstruktur der Erdkruste oder von Verwerfungen zu identifizieren. Im vorliegenden Projekt war das Ziel, kürzlich etablierte Auswerteverfahren zur Abbildung von Geometrie und Geschwindigkeitskontrasten an tektonisch aktiven Verwerfungszonen weiter zu entwickeln und auf Wellenformendaten entlang verschiedener Segmente der Nordanatolischen Verwerfungszone (NAFZ) in der Nordwest-Türkei anzuwenden. Konkret waren das Mudurnu-, das Prinzen-Inseln- und das Gaons-Segment die Zielregionen entlang der NAFZ. Die Karadere- und Mudurnu-Segmente befinden sich im Bereich der Izmit-Düzce-Bruchzone östlich von Istanbul, entlang derer auch die beiden M>7 Izmit- und Düzce-Beben im Jahr 1999 aufgetreten sind. Das Mudurnu-Segment liegt südlich davon und bildet einen weiteren Hauptast der Verwerfungszone, der im Jahr 1967 durch ein Starkbeben (M>7) aktiviert wurde. Hauptgegenstand der vorliegenden Studien war die Detektion und Analyse von entlang der Verwerfungszone geführten (Fault Zone Head Waves; Abkürzung: FZHW) und reflektierten und konvertierten P- und S-Wellen (Fault Zone Reflected Waves - FZRW). FZHW, P-Wellen und deren Ankunftszeiten wurden automatisch detektiert und gepickt. Anschließend wurden die automatischen Detektionen der FZHW- und P-Wellen unter Einsatz einer Polarisationsanalyse manuell überprüft. Für FZRW lag eine Software für diese Prozessierungsschritte zu Projektbeginn nicht vor und wurde im Rahmen des Projektes entwickelt. Dadurch gelang es letztlich, zwei verschiedene Gruppen von FZHW und FZRW systematisch zu detektieren und zu analysieren. Die Beobachtung dieser Phasen bietet die Möglichkeit, die Geometrie der Verwerfungszone in der seismisch aktiven Tiefe zu abzubilden und daraus Schlussfolgerungen über die Entstehungsgeschichte des betreffenden Teils der NAFZ zu ziehen bzw. -wie in diesem Fall von besonderer Bedeutung- zu schlussfolgern, wie sich dieser Bereich in geologischen Zeiträumen voraussichtlich weiterentwickeln wird. Für den Mudurnu-Zweig der Verwerfungszone wurden konkret zwei konsistente Sekundärphasen identifiziert und analysiert, die in ausreichend zeitlichem Abstand von der direkten P-Welle in der P-Wellen-Coda enthalten sind, um sie im Detail studieren zu können. Diese Phasen wurden durch eine Struktur in der Nähe der Stationen erzeugt. Diese Schlussfolgerung ergibt sich, weil die Phasen bei allen Wellenformen sichtbar sind und unabhängig von der Epizentralentfernung, Hypozentraltiefe und Backazimuth einen konstanten Laufzeitunterschied zur direkten P-Welle haben. Ergebnisse der Polarisationsanalyse weisen darauf hin, dass die prominentere Sekundärphase eine PS-konvertierte Welle (PS-Phase) ist. Die Richtung ihrer Polarisation stimmt mit der der direkten S-Welle überein und zeigt Shear-Wave-Splitting, welches durch die anisotrope obere Kruste erzeugt wird. Die Polarisationsrichtung der anderen Sekundärphase ist nahezu vertikal und konsistent mit der Polarisationsrichtung der P-Welle. Synthetische Modellierungen zeigen, dass die PS-Phase an einer horizontalen Grenzfläche in einer Tiefe von ~ 4 km konvertiert wird. Die Studie geht außerdem der Frage nach, ob die PS-reflektierten Wellen in flachen Tiefen an der steilen Mudurnu-Verwerfung generiert werden, was in Bezug auf die Abbildung der Geometrie der Verwerfung und der Geschwindigkeitsstruktur zu beiden Seiten eine wesentlich genauere Grundlage für die Interpretation und Schlussfolgerungen darstellt. Im weiteren Verlauf der Projektarbeiten war das zentrale Ziel, eben diese neuen Methoden und Ansätze auf zwei weitere Bereiche der NAFZ, unterhalb des östlichen Marmarameeres vor Istanbul und entlang der Ganos-Verwerfung westlich des Marmarameeres, auszudehnen: Für das östliche Marmarameer (entlang des Prinzen-Inseln-Segmentes) wurden die oben beschriebenen Analyseverfahren auf alle vorliegenden Wellenformendaten der unterschiedlichen Messnetze (GONAF, AFAD, Kandilli) in der Zielregion durchgeführt. Das zentrale Ergebnis dieser Untersuchungen war, dass kein Geschwindigkeitskontrast zwischen der nördlichen (Eurasischer Block) und der südlichen Seite (Anatolischer Block) beobachtet werden konnte.
Publications
- Imaging the North Anatolian Fault Zone with Fault Zone Head Waves, Reflected and Converted Phases. Dissertation, Freie Universität Berlin, 2017
Najdahmadi, B.
- Imaging the Mudurnu segment of the North Anatolian Fault Zone by secondary phases. J. Geophys. Res.
Najdahmadi, B., Hrubcova, P., Vavrycuk, V., Bohnhoff, M.
(See online at https://doi.org/10.1002/2017JB015198)