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Dichtefunktionaltheoretische Berechnung von anisotropen Auslenkungsparametern und deren Einsatz zur Verbesserung experimenteller Röntgen- und Neutronendiffraktion

Fachliche Zuordnung Theoretische Chemie: Moleküle, Materialien, Oberflächen
Anorganische Molekülchemie - Synthese, Charakterisierung
Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 348493721
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Forschungsprojekt wurden thermische Auslenkungsellipsoide mithilfe der harmonischen Näherung aus voraussetzungsfreien Dichtefunktionalrechnungen erhalten. Ein Vergleich mit experimentellen Daten legte nahe, dass die harmonische Näherung bei Temperaturen um 100 K bereits gute ADPs liefert, die bei Strukturverfeinerungen sinnvoll eingesetzt werden können; lediglich die Amplitude der thermischen Schwingung ergab sich erwartungsgemäß als zu gering. Die rechentechnisch sehr aufwendige quasiharmonische Näherung wird nur in den seltensten Fällen gebraucht und kann zudem manchmal zu einer Überschätzung der Amplituden führen. Prinzipiell ist es aber vorstellbar, über empirische Korrekturen die Theorie nachzubessern, was an einer Testverbindung über einen erweiterten Temperaturbereich erfolgreich durchexerziert wurde. Dieses Vorgehen ist aber noch an weiteren Verbindungsklassen zu erproben. Sehr erfreulich ist allerdings die Feststellung, dass die räumliche Orientierung der Ellipsoide im Vergleich zwischen Theorie und Experiment gut übereinstimmt. In diesem Zusammenhang wurde ein neues Vergleichskriterium zur Quantifizierung der Übereinstimmung der räumlichen Ausrichtungen entwickelt. Als Resultat wird ein Winkel zwischen den Vektoren entlang der längsten Hauptachse definiert, sodass ausreichend anisotrope Ellipsoide bezüglich ihrer Lage zueinander beschriebbar sind. Darauf aufbauend wurden potentielle Schwächen der harmonischen Näherung gezielt herausgearbeitet. Unter anderem wurden Testsysteme mit Schwermetallatomen ausgewählt, um das Verhalten der Theorie zu analysieren. Insgesamt schnitt die Theorie immer zufriedenstellend ab. In zwei Fällen, in denen die Theorie zunächst scheinbar unzureichende Ergebnisse lieferte, konnten stattdessen Probleme in den experimentellen Daten festgestellt werden. Insbesondere konnten wir zeigen, dass die Kombination von hoher Absorption und nur moderater Redundanz zu systematischen Fehlern in den Auslenkungsparametern vor allem für Leichtatome führt. Hinsichtlich beider experimenteller Einschränkungen konnten wir dann durch an die Problemstellung angepasste Beugungsexperimente Abhilfe schaffen: deutlich zeitaufwendigere in-house-Experimente ermöglichten eine weit überdurchschnittliche Redundanz, und eine alternative Datensammlung mit härterer Synchrotronstrahlung gestattete den direkten Vergleich mit der laborüblichen MoKα-Strahlung. Beiden Fällen massiver Diskrepanz mit der Theorie lagen auf den ersten Blick unauffällige Diffraktionsdaten zugrunde, die allen gängigen Qualitätskriterien entsprachen; die aus den gezielt verbesserten Experimenten erhaltenen Auslenkungsparameter zeigten schließlich gute Übereinstimmung mit den theoretisch berechneten Werten. Schließlich wurden die theoretischen Wasserstoff-ADPs mit denen aus dem Shade-Server verglichen, der einen webbasierten Zugang für Benutzer darstellt. Dabei werden die ADPs der Nachbaratome benutzt und unter Annahme starrer Körper die Wasserstoffatom-ADPs approximiert. Im Vergleich mit den vom Shade-Server extrapolierten erwiesen sich die von uns berechneten Auslenkungsparameter für Wasserstoffatome im Rahmen der strengen Kriterien einer Multipolverfeinerung hochaufgelöster Beugungsdaten als leicht überlegen. Es bietet sich also an, interessierten Benutzern in Analogie zum Shade-Server ein Web-Interface für Berechnungen von Auslenkungsparametern im Rahmen der harmonischen Näherung bereitzustellen. Für Elementarzellen moderater Größe sollte sich der Rechenaufwand akzeptabel gestalten, und wir könnten der wissenschaftlichen Gemeinschaft ein mächtiges Hilfsmittel bei Strukturverfeinerungen zur Verfügung stellen.

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