Ferdinand Gregorovius: Poesie und Wissenschaft. Gesammelte deutsche und italienische Briefe
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt hatte zum Ziel, eine repräsentative Auswahl der deutschen und italienischen Briefe von Ferdinand Gregorovius (1821–1891) zu edieren, zu kommentieren und digital zugänglich zu machen. Die Edition macht einen bedeutenden Historiker des 19. Jahrhunderts im deutsch-italienischen Kontext, der Historiographie und Literatur als Einheit begriff und auch als Schriftsteller, Dramatiker und Lyriker publizierte, neu lesbar. Das Forschungsprojekt erschließt rund 1.100 zuvor in der Mehrzahl unedierte deutsche und italienische Briefe der Jahre 1852 bis 1891 als kritische Edition in der jeweiligen Originalsprache mit umfassenden wissenschaftlichen Kommentaren. Die digitale Edition ist leserfreundlich mit Volltextsuche, zweisprachigen Regesten, verschiedenen Filterfunktionen und Registern eingerichtet. Ergänzend und begleitend zur Edition ist auf der Website eine durchsuchbare „Gesamtdatenbank der Korrespondenz“ implementiert, die die ermittelbaren 3.500 Briefe von und an Gregorovius mit Aufbewahrungsorten und ggf. mit allen Drucken nachweist. Die Korrespondenz vermittelt Ansichten des 19. Jahrhunderts aus der Feder eines aufmerksamen, kritischen Zeitzeugen, der 1852 als Hegel-Schüler zweiter Generation und enttäuschter Revolutionär aus Ostpreußen nach Italien ging, die politischen Umbrüche in Italien und Deutschland aufmerksam verfolgte und nach mehr als zwanzig Jahren als anerkannter Historiker und Erfolgsautor nach Deutschland zurückkehrte. Seine Korrespondenzen mit Gelehrten, Adeligen, Politikern, Schriftstellern, Künstlern, Übersetzern, Verlegern, Familie und Freunden stellen ein einzigartiges Dokument der politischen und sozialen, Kultur-, Verlags- und Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts dar. Sie gewähren einen konkreten Einblick in seine weitgespannten transnationalen brieflichen, aber auch persönlichen Netzwerke und in die Arbeitsbedingungen eines freischaffenden Historikers, der sich selbst vor allem als Schriftsteller verstand. Gregorovius war auch ohne einen Lehrstuhl, der ihm mehrfach angeboten wurde, noch vor dem Abschluss seiner achtbändigen „Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter“ (1859–1872) ein hochangesehenes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der wichtigsten italienischen Akademien. Für die Entstehungsgeschichte und das Verständnis der vielfach übersetzten Werke von Gregorovius im Spannungsfeld von Literatur, Wissenschaft und Zeitzeugenschaft sowie für die Identifizierung seiner zahlreichen anonym erschienenen Beiträge in deutschen und italienischen Zeitschriften und Tageszeitungen sind seine Briefe unentbehrlich. Über seine Korrespondenz wird nun neben dem Historiker auch der Publizist und Kommentator des Zeitgeschehens sichtbar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Die Edition: „Ferdinand Gregorovius: Poesie und Wissenschaft. Gesammelte deutsche und italienische Briefe“
Angela Steinsiek
-
Die „Gesamtdatenbank der Korrespondenz“ von Gregorovius
Angela Steinsiek
-
Tagungsbeitrag: Ferdinand Gregorovius e la famiglia Caetani, in: Ninfa. Percezioni nella scienza, letteratura e belle arti nel XIX e all’inizio del XX secolo, hrsg. von Michael Matheus, Regensburg 2022, S. 215–229.
Angela Steinsiek
-
Ferdinand Gregorovius in seinem Jahrhundert. Böhlau Verlag.
Steinsiek, A. (Ed.)
-
Tagungsbeitrag: Private und öffentliche Kommunikationsstrategien in den Korrespondenzen und Briefen von Ferdinand Gregorovius, in: Soziales Medium Brief. Sharen, Liken, Retweeten im 18. und 19. Jahrhundert. Neue Perspektiven auf die Briefkultur, hrsg. von Markus Bernauer, Selma Jahnke, Frederike Neuber und Michael Rölcke, Darmstadt 2023, S. 293–309.
Angela Steinsiek
