Detailseite
Projekt Druckansicht

OrgIntCEE - Das fehlende Bindeglied: Organisierte Interessen in post-kommunistischen Politikgestaltungsprozessen

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 378988505
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Während die Entwicklung der mittel- und osteuropäischen (MOE) Länder von Ein-Partei-Staaten zu Demokratien und vom Kommunismus zum Kapitalismus bereits intensiv erforscht wurde, haben postkommunistische Interessengruppen als wichtige Sprachröhre der Zivilgesellschaft vergleichsweise wenig Beachtung gefunden. Dies ist aufgrund der einzigartigen Entwicklung der Zivilgesellschaft in MOE überraschend. Kommunistische Regime regulierten jegliche Form von Bürgerbeteiligung, während sie Dissidentenbewegungen an den Rand drängten oder verboten. Der Zusammenbruch des Kommunismus wird jedoch als enormer Triumph der Zivilgesellschaften angesehen, da soziale Bewegungen (z. B. Solidarność) den Kommunismus letztendlich in die Knie zwangen. In den 1990er Jahren wurden jedoch diese fragilen neuen Demokratien letztendlich von technokratisch agierenden Exekutiven durch die Herausforderungen des Postkommunismus navigiert. Niedrige Verbandsmitgliedschaftszahlen, geringes politisches Vertrauen und schwache Konsultationsverfahren waren bestimmende Merkmale des Postkommunismus, was dazu führte, dass mittel- und osteuropäische Interessenorganisationen als schwach und ineffektiv wahrgenommen wurden. Reformorientierte Regierungen versuchten jedoch bald, bürgernaher zu wirken, und schufen neue Plattformen für ziviles Engagement – eine Entwicklung, die durch die Verbreitung westeuropäischer Normen und transnationales Lernen verstärkt wurde. Deshalb wird die Stärke der postkommunistischen organisierten Interessen möglicherweise unterschätzt. Anhand von qualitativen und quantitativen Methoden untersuchte das Projekt systematisch die Dynamiken organisierter Interessen in vier MOE-Staaten – Polen, Ungarn, Tschechien und Slowenien – sowie in drei Politikfeldern, welche für deren längerfristige Entwicklung von zentraler Bedeutung sind – Energie-, Gesundheits- und Hochschulpolitik. Das OrgIntCEE-Projekt befasste sich primär mit fünf analytischen und empirischen Bausteinen. Zuerst interessierten wir uns für Populationsökologien: wie wirkten sich etwa der Zusammenbruch des Kommunismus, Europäisierungsprozesse sowie gegenwärtige illiberale Tendenzen in der Region auf die „Geburten- und Sterberaten“ von Organisationen aus? Unser zweites zentrales Erkenntnisinteresse lag auf Interessenvermittlungsstrukturen, d.h. inwieweit werden Interessengruppen in politische Prozesse eingebunden, wie interagieren sie mit anderen Akteuren (z. B. Parteien oder rivalisierenden Gruppen) und in welchen Lobbying-Foren sind sie aktiv? Drittens analysierten wir systematisch die Determinanten von deren Zugang zu EntscheidungsträgerInnen und deren Einfluss auf Politikprozesse (z.B. Ressourcen, Expertise, Professionalisierung, Kooperation mit anderen Organisationen, usw.). Der vierte Projektbaustein widmete sich dem Einfluss europäischer und internationaler Verbindungen auf Interessengruppen sowie deren interne Entwicklung und Lobbying- Kapazitäten. Eng damit verbunden ist die Dimension organisatorischer „Reifungsprozesse“, deren Fokus auf Professionalisierung, Multi-Ebenen-Lobbying und der Vermittlung von Expertise an politische EntscheidungsträgerInnen liegt. Im letzten halben Jahr befasste sich das Projektteam zunehmend mit den Reaktionen organisierter Interessen auf demokratische Rückschritte und die Verengung politischer Opportunitätsstrukturen in der Region.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung