Demenz als Herausforderung - Ein Beitrag theologischer Anthropologie und Ethik für ein integratives Demenz-Konzept
Final Report Abstract
Die (ethischen) Implikationen einer Demenz stehen – wie sich gezeigt hat – untereinander in vielfältiger Interdependenz. Aufgrund der Komplexität des Phänomens Demenz sind in allen genannten Bereichen keine ‚einfachen‘ oder aufgrund einer Kasuistik zu erreichenden Lösungen möglich. Erarbeitet wurde ein in Anschluss an Karl Barth entwickeltes Paradigma des „Seins in der Begegnung“, das im wahren Menschsein Jesu Christi fundiert ist. Dieses evoziert ein relationales Verständnis von Demenz und ihrer Implikationen. Dieser relationale Zugang zum Phänonem ermöglicht es, der Komplexität der Demenz und ihrer Implikationen gerecht zu werden, indem es vermag, verschiedene Zugangsweisen und Kompetenzen zu integrieren. Der Einsicht in die gleichsam ontologisch zu nennende Perspektivität der Anthropologie und damit in die Tatsache, dass sich dem Menschen nur multiperspektivisch genähert werden kann, wohnt dabei der Impetus zu transdisziplinärer Zusammenarbeit bereits inne. Die gerade beginnenden Schritte zur Vernetzung von Wissenschaftlern und Praktikern zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen bzw. Pflegenden müssen in einer Weise fortgeführt werden, die den gemeinsamen Diskurs ebenso bereichert, wie sie auf die fachwissenschaftliche Beschäftigung zurückwirkt. Zentrum dieses Bemühens ist der Mensch mit Demenz in seinen Relationen. Proprium der theologischen Anthropologie innerhalb dieses Bemühens ist es, ihr Wissen um relationale Konstitution des Menschen als Mensch für Gott und Mensch für den Menschen in den Diskurs – den wissenschaftlichen wie den gesellschaftlichen – einzubringen und zu einer wirklichen Begegnung mit Menschen mit Demenz einzuladen. Eben dies zu unternehmen, versteht sie als den Vollzug der Würde des Menschen, der als Bundespartner Gottes den Gestaltungsauftrag hat, für Verhältnisse zu sorgen, in denen jeder Mensch – und somit auch Menschen mit Demenz – würde‐ und ehrenvoll leben können. Mit diesem Auftrag und seiner spezifischen Begründungsstruktur sucht sie nach Gesprächs‐ und Koalitionspartnern mit dem Ziel, die Situation von Menschen mit Demenz zu verbessern. In diesem breiten Diskurs geht es nicht um vorschnelle Synthesen, die gerade in ethischen Fragen oft nicht möglich sind, sondern um langfristige Koalitionen, die das gesellschaftliche Bild von Demenz weg von der defizitorientierten Sichtweise hin zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung von Menschen mit Demenz ermöglichen.
Publications
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Sein in der Begegnung. Menschen mit (Alzheimer‐) Demenz als Herausforderung theologischer Anthropologie und Ethik. Münster 2010
Dominik A. Becker, Georg Plasger