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Die Morbiditätskompression und ihre Alternativen im Kontext gesundheitlicher Ungleichheit
Antragsteller
Professor Dr. Siegfried Geyer
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389292058
Die von Fries formulierte These der Morbiditätskompression bezeichnet die hauptsächlich durch Prävention und veränderte Lebensbedingungen verursachte Verkürzung der Periode zwischen dem Eintritt schwerer Krankheit oder Behinderung und dem Versterben. Als pessimistische Alternative wurde von Gruenberg die Hypothese der Morbiditätsexpansion als ungeplante Folge des medizinischen Fortschritts formuliert. Das dynamische Gleichgewicht nach Manton beschreibt eine Ausweitung der Zeiten von Krankheit und Behinderung bei sich gleichzeitig verbessernden gesundheitlichen Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung. Für Deutschland wird für Herzinfarkt, Schlaganfall, Multimorbidität und funktionelle Beeinträchtigungen untersucht, ob sich die langzeitliche Entwicklung der Morbidität als Kompression beschreiben lässt. In einem zweiten Schritt geht es um die Frage, ob sich Veränderungen der Morbidität entlang sozialer Ungleichheiten entwickeln. Im dritten Schritt wird untersucht, ob und in welchem Ausmaß sich die Morbiditätsentwicklung durch Veränderungen gesundheitsbezogener Verhaltensweisen über die Zeit sowie durch Veränderungen präventiver und kurativer Maßnahmen erklären lässt. Hauptgrundlage der Analysen sind die Daten der AOK Niedersachsen der Jahre 2005 bis 2015. Während des Projekts werden sie um die Daten der Jahre 2016 und 2017 vervollständigt. Pro Jahr stehen die Daten von ca. N=2 Mio. Versicherten zur Verfügung. Auf dieser Datengrundlage werden die Analysen zu Herzinfarkt, Schlaganfall und Multimorbidität durchgeführt. Mit den Daten der KORA/ KORA-Age-Studie sollen die Befunde zum Herzinfarkt repliziert werden, und es werden verhaltensbezogene Erklärungen zu Veränderungen des Morbiditätsgeschehens entwickelt. Als letzter Datensatz werden vier Wellen des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE) verwendet. Die SHARE-Daten werden zur Untersuchung der Morbiditätsentwicklung bei Alltagsbeeinträchtigungen sowie zur Entwicklung sozialwissenschaftlicher Erklärungen verwendet. Fragen nach Morbiditätskompression betreffen zentrale Bereiche der weiteren Entwicklung der Sozialsysteme. Dies bezieht sich z.B. auf die Entwicklung der Lebensarbeitszeit, auf künftige Prioritätensetzungen im Gesundheitssystem oder auf die Ausgestaltung der Pflege und des selbstbestimmten Wohnens im Alter.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen