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Die öffentlichen Debatten zur Energiewende in Deutschland und Frankreich. Eine Analyse ökologischer Transformationen mittels der Kombination zweier soziologischer Ansätze der Diskursforschung
Antragsteller
Professor Dr. Reiner Keller
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Soziologische Theorie
Soziologische Theorie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389691224
Konflikte, Debatten und Politiken um Fragen der Energienutzung sind in Frankreich und Deutschland unterschiedlich verlaufen, mit einer eher schwachen Umweltbewegung und der Dominanz der Kernenergienutzung auf französischer Seite, einer seit den 1980er Jahren stärker organisierten Ökologiebewegung und dem kürzlich beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie zugunsten eines Energiemixes auf deutscher Seite. Unter dem Eindruck der Klimapolitiken und verschiedener europäischer Direktiven vollziehen sich in jüngerer Zeit Wandlungen, die auf verschiedenen Ebenen zu Konvergenzen führen.Das Projekt verfolgt zwei Hauptziele. Es geht erstens in theoretisch-methodologischer Hinsicht um die Zusammenarbeit zweier Ansätze der Diskursforschung, die im Kontext der Analysen von Risikotechnologien und ökologischen Konflikte entwickelt wurden: Die pragmatische Soziologie der Kontroversen (mit ihrer Software Prospéro) auf französischer Seite, die Wissenssoziologische Diskursanalyse (SKAD) auf deutscher Seite. Trotz ihrer seit mehr als zehn Jahren vergleichsweise breiten Nutzung in den französischen (Soziologie der Kontro-versen) und deutschen (SKAD) Sozialwissenschaften konnten sie bislang die Sprachbarriere zwischen beiden akademischen Feldern nicht überwinden.Das zweite Ziel besteht in der Analyse der Langzeitentwicklung der öffentlichen Diskurse zum Zusammenhang von Energieversorgung und Umweltfragen von 1970 bis heute. Auf Grundlage eines zu entwickelnden gemeinsamen heuristischen Ansatzes sollen die argumentativen Verlaufskurven diese Diskussionen in beiden Ländern nachverfolgt und verglichen werden. Dabei müssen Verbindungslinien im Blick gehalten werden, die aus den jeweiligen Bezügen zu den europäischen Institutionen herrühren. Mehrere einschlägige Ereignisse haben zu Rekonfigurationen geführt. Es geht deswegen um die Erfassung der je unterschiedlichen Ausdeutungen und soziotechnischen Dynamiken, die in Deutschland wie in Frankreich dadurch entstanden sind.Um beide Ziele zu verbinden, werden wir umfangreiche digitalisierte Datenkorpora anlegen und mit der durch den methodologischen Apparat von SKAD modifizierten Software Prospéro analysieren. Der integrierte Einsatz beider Ansätze erlaubt die Erstellung dynamischer Kartographien des Zusammenspiels von Akteuren und Argumenten, der Mobilisierungsformen und der öffentlichen Debatten, der Komplexe von Entscheidungen und normativen In-strumentarien, sowie eine umfassende Analyse der dynamischen Beziehungen zwischen den Prozessen der Energiewende und den Veränderungen der Öffentlichkeiten in beiden Ländern. Die Zusammenarbeit bildet den ersten Grundstein einer nachhaltigen sozialwissenschaftlichen Beobachtungseinrichtung mit gemeinsamen Korpora und gemeinsamen Werkzeugen, mittels derer die Transformationen der politischen und technologischen Felder erfasst und analysiert werden sollen, die sich gegenwärtig um die Herausforderungen der Energie- und Umweltfragen in Europa vollziehen (oder auch nicht).
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich
Kooperationspartner
Dr. Francis Chateauraynaud