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Sozialer Wandel und der alltägliche Umgang mit Differenz in der Stadt: Banale Transgression im Kleingarten

Antragstellerin Dr. Nina Schuster
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389804180
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat aus der Perspektive sozialer Praktiken erforscht, inwiefern die ‚großen‘ gesellschaftlichen Veränderungen und städtischen Entwicklungen auch im Mikrokosmos Kleingartenverein bearbeitet werden. Am Beispiel von Kleingartenvereinen in zwei deutschen Großstädten konnte es mithilfe soziologischer und humangeographischer Konzepte zeigen, dass die Bezugnahme auf Differenz und entsprechende Differenzierungskategorien je nach sozialer Situation und Konstellation in sozialen Prozessen als Möglichkeit eingesetzt wird, sich mit anderen Menschen zu verbinden oder von ihnen abzusetzen. Differenztheoretisch wurde damit das Mit-anderen-in-Beziehung-stehen erforscht; die relationale Perspektive hat sichtbar gemacht, wie sich die Akteure in sozialen Prozessen auf ihre gesellschaftliche Einbettung beziehen. „Anders-als“ oder „Ähnlich-wie“ zeigen Relationen an, in denen sie sich in ihrer gesellschaftlichen Bezogenheit aufeinander konstituieren, und nicht davon unabhängig. Differenzaushandlung wird im Projekt konfliktsoziologisch konzipiert. Konflikte werden nicht als etwas gesellschaftlich Unerwünschtes behandelt, für das unmittelbar Lösungen gesucht werden müssen. Vielmehr werden sie als Hinweis auf lebendige gesellschaftliche Auseinandersetzungen und Möglichkeit gedeutet, gesellschaftliche Integration auszuhandeln. Eine intersektionale Betrachtung von Konflikten kann die differenzierten sozialen Prozesse, die diesen kleinen alltäglichen Aushandlungen zugrunde liegen, zeigen. In den Konflikten im Kleingarten geht es also nur oberflächlich betrachtet darum, wie z. B. gegärtnert werden sollte und welche die „richtige“ Nutzung einer Parzelle ist. Die Analyse zeigt, dass es in den gartenbezogenen Aushandlungen immer auch um die Aushandlung gesellschaftlicher Macht und sozialer Deutungshoheit im Feld der Gartenvereine geht, in dem die sozialen Verhältnisse ins Wanken geraten sind. Die Konflikte bieten Einblick in die Auseinanderhandlungsprozesse zwischen der vormals dominanten sozialen Gruppe und den neuen Mitgliedern mit höherem sozialen Status; weitere Differenzlinien wie Geschlecht und race werden gleichfalls neu ausgehandelt. Kleingartenvereine als städtische Mikroöffentlichkeiten zu konzipieren, hat ermöglicht, zu erforschen, welche Möglichkeiten für alltägliche Veränderung sie bieten. Es zeigt sich, dass die Mitglieder in sozialen Aushandlungen Differenz nutzen, um sich im alltäglichen Umgang aufeinander zu beziehen. In der Analyse rücken Situationen in den Fokus, in denen sich Menschen, die einander zunächst fremd waren, auf Augenhöhe begegnen. Insbesondere die räumliche Nähe der Parzellen zueinander und die gemeinschaftlich genutzten Bereiche der Vereine bieten Anlässe und Kontaktpunkte für entsprechende Begegnungen. Es wird gezeigt, dass entsprechende Mikroöffentlichkeiten immer wieder neu ausgestaltet und ausgehandelt werden, wobei Differenz dafür nicht selten ein essenzieller Bezugspunkt ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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