Vom Jagen und Fischen zur Viehzucht: Strategien der Anpassung von Bevölkerungsgruppen in der Waldsteppe des Ob-Irtysch Zwischenstromlands (Westsibirien) im 2. Jht. v.Chr. basieren auf bioarchäologischen Studien

Antragstellerin Privatdozentin Dr. Sabine Reinhold
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 390087929
 

Projektbeschreibung

Wie verändern Menschen ihre Wirtschaft? Eine der wichtigsten Entwicklung der Gesellschaften an der Nordgrenze des eurasischen Steppengürtels war der Übergang von aneignender Jäger- und Sammler- zu produzierenden Pastoralwirtschaft während der Bronzezeit. Verschiedene Hypothesen zu diesem Prozess werden im laufenden deutsch-russischen Forschungsprojekt mit bioarchäologischen Schwerpunkt untersucht. Er fokussiert auf die Analyse stabiler Isotope, um Veränderungen von Ernährungs- und Mobilitätsmustern zu rekonstruieren.Drei Mikroregionen in Westsibirien bieten die Möglichkeit, verschiedene ökologische und kulturelle Anpassungsprozesse zu vergleichen. Hier sind große Reihengräberfelder und Siedlungen bekannt, die den Zeitraum vom späten 3. iIns frühe 2. Jt.v.Chr. abdecken. Dies ist die Epoche der Spät-Krotovo und der Andronovo Kulturen. Sie repräsentieren eine Zeit großer Transformationen, die mit Migrationen aus der Steppe in die Waldsteppe verbunden sind.Erste Ergebnisse der Isotopenanalysen deuten auf erhebliche Verschiebungen der Ernährung im Vergleich zur Früh- und Mittelbronzezeit hin. Dies betrifft Individuen der Spät-Krotovo und noch mehr die der Andronovo Kultur. Wir fassen Ernährungsformen, die älteren Mustern der Jäger-Sammler-Fischer-Ökonomie entsprechen, sowie eine neue Modelle, die auf Nahrung mit Produkten von Tieren hinweist, die in einem größeren Gebiet geweidet wurden zu dem auch Steppenbiome gehörten. Sie spiegeln höhere Anteile von Weidewirtschaft wider.Um die Ernährung und ihre Transformation zu rekonstruieren, greifen wir auf Analysen der stabilen Isotope δ13C und δ15N zurück. Erstmals in Sibirien verwenden wir Strontium- und Sauerstoffisotopen des Zahnschmelzes, um Mobilitätsmuster der Gruppen mit verschiedener Ernährung zu beurteilen. Ein weiteres methodisches Novum ist die Analyse von modernem Tierkot, um mögliche Weideflächen zu rekonstruieren.Im dritten Jahr des Projekts wollen wir die gewonnenen Daten im Detail analysieren und sie internationalen Zeitschriften editieren. Leitlinien sind Fragen nach den verschiedenen Umwelteinflüssen der Waldsteppe bzw. der großen sibirischen Flusstäler Irtysh und Ob‘. Welcher Teil der jeweiligen Populationen übernahmen die neuen pastoralen Wirtschaftspraktiken, welche hielten traditionelle Subsistenzformen aufrecht?Um dies zu untersuchen, müssen alle verfügbaren Daten integriert werden. Wir werden uns mit der internen Differenzierung von Ernährungsgruppen in Gräberreihen befassen, die an drei Orten festgestellt wurden. Die ersten Ergebnisse des Bayesschen Mischungsmodells FRUITS sollen erweitert werden. Ziel ist auch eine verlässlichere Abfolge der Andronovo-Gräber mit Schafsknochen zu erstellen, die nicht von Reservoir-Effekten betroffen sind. Menschliche Knochen aus denselben Komplexen werden dazu beitragen, diese Effekte auszuloten. Schließlich ist die Edition und die GIS-Analyse der Friedhöfe geplant, um die Ernährungsgruppen mit anderen Aspekten der Beigaben zu korrelieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Russische Föderation
Kooperationspartnerin Dr. Janna Valerevna Marchenko, Ph.D.