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Contemporary theatre music as cultural practice

Subject Area Theatre and Media Studies
Musicology
Term from 2017 to 2023
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 390568112
 
Final Report Year 2023

Final Report Abstract

Die Theatermusik ist ein Stiefkind: in der Wissenschaft, in den Theatern, bei Zuschauer:innen und in der Kritik findet sie wenig bis gar keine Beachtung, obwohl es kaum noch eine Theaterinszenierung auf den Spielplänen der deutschsprachigen Theater gibt, für die nicht eigens Musik und/oder Sound-Design komponiert, improvisiert oder kuratiert wurde. Ein zentraler Fortschritt des Projekts besteht dahin, zum ersten Mal umfassend Einblick zu geben in die zeitgenössisches Praxis der Theatermusik – wer sind die Künstler:innen, die in diesem Bereich arbeiten, wie verlief ihr Werdegang, wie sind ihre Arbeitsbedingungen, wie sieht die Zusammenarbeit mit Regisseur:innen, Schauspieler:innen und Tontechniker:innen aus? Wie verläuft der kreative Entwicklungsprozess? Welche Rolle spielen (digitale) Technologien für die moderne Theatermusik? Solche und ähnliche Fragen beantworten die Publikationen des Projekts. Es schafft daher eine noch nicht dagewesene Aufmerksamkeit für die Bedeutung von Theatermusik für das zeitgenössische Theater. Dabei werden nicht, wie sonst häufig in den wenigen vorliegenden Studien zu Theatermusik, vor allem Aufführungen in den Blick genommen, sondern auch Konzeptionsphasen und Proben. Mit Hilfe noch junger Ansätze zur Probenethnographie und mit Hilfe von zahlreichen Interviews wird auch die veränderte Rolle von Theatermusik im kollektiv-kreativen Prozess aufgedeckt. Methodisch haben wir uns damit ebenfalls auf Neuland begeben: Statt in den Fußstapfen der Filmmusikforschung vor allem verschiedene Funktionen von Musik für Narration, Dramaturgie, Atmosphäre etc. zu kategorisieren, tragen wir der Flüchtigkeit und Wechselwirksamkeit von Theatermusik Rechnung. Sie lässt sich weder hinreichend fixieren, noch von ihrem szenischen Kontext trennscharf isolieren. Wenn Michel Chion (Audio-Vision, 1994) noch Übungen mit Filmstudierenden empfiehlt, bei denen man entweder Ton- und Bildspur eines Films jeweils getrennt abspielt oder „fremde" Musiken der Szene aufzwingt, ist dies im Theater weder möglich noch sinnvoll. Wir haben uns daher stark auf die relationalen Aspekte und das „Musicking" im Sinne Christopher Smalls konzentriert: Welche Bedeutungen, Effekte, Affekte, Dramaturgien, und Spielformen entstehen im dialogischen Zusammenspiel von Musik(erzeugung), Darstellung, Regiearbeit, dramaturgischer Strukturierung, Raum- und Zeitkonzepten – und den Zuschauer:innen? Welche Relationen werden hier bedeutsam und wirkmächtig? Zuletzt war es – gerade aufgrund der mangelnden Wahrnehmung von Theatermusik(er:innen) – ein erklärtes Ziel des Projekts, unsere Beobachtungen und Ergebnisse nicht nur einem akademischen Fachpublikum zu präsentieren, sondern sie auch niedrigschwellig für Theaterschaffende, Kritiker:innen und Theatergänger:innen im Allgemeinen zugänglich zu machen. Schon die Publikation der Monografie Theatermusik, die mit einem hohen Anteil von Interviews die Theatermusiker:innen direkt zu Wort kommen lässt war ein erster Schritt in diese Richtung. Wir haben das Buch auch bei verschiedenen Veranstaltungen mit Theaterschaffenden diskutiert. Mit zwei Münchner Ausbildungsstätten für das Theater (Otto Falckenberg Schule und Theaterakademie August Everding) haben wir im Rahmen mehrtägiger Workshops sehr erfolgreich kooperiert und den Dialog mit der nächsten Generation Theaterschaffender zur Rolle der Musik im Theater gesucht. Und zuletzt haben wir das gesamte Projekt mit regelmäßigen „Posts" in unserem Wissenschaftsblog begleitet und reflektiert. Hier finden sich Gespräche, Aufführungsberichte, Sammlungen nützlicher Quellen, sowie unveröffentlichte Abschlussarbeiten und Vorträge. Es ist eine Fundgrube für alle, die sich für Theatermusik interessieren. Das Projekt ist prädestiniert für Anschlussprojekte, da man das Thema in viele Richtungen erweitern könnte und sollte: ein Vorstoß mit Hilfe eines groß angelegten ERC-Antrags blieb leider, trotz positiver Evaluation, erfolglos. Dafür konnte LMU-intern Förderung für eine CAS Research Group eingeworben werden, die die Theatermusik nun zum einen stärker im internationalen Vergleich betrachtet und sie zum anderen in den holistischer konzipierten Rahmen des „Sounds des Theaters" einbettet.

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