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Social disadvantage in rural peripheries in Czechia and in eastern Germany: opportunity structures and individual agency in a comparative perspective

Subject Area Empirical Social Research
Human Geography
Term from 2018 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 391073923
 
Final Report Year 2023

Final Report Abstract

In dem Projekt wurden die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen sozialer Benachteiligung, räumlichen Gelegenheitsstrukturen und individuellem Handeln in ländlichen Peripherien in Ostdeutschland und Tschechien untersucht. Das Projekt nahm zwei Fragenkomplexe in den Blick. Der erste Fragenkomplex betraf die räumlichen Muster von sozialer Benachteiligung und Deprivation in ländlichen Räumen, die Identifizierung ländlicher Peripherien und die Ausstattung mit und Erreichbarkeit von lokalen und regionalen Gelegenheitsstrukturen. Der zweite Fragenkomplex fragte nach den Auswirkungen lokaler und regionaler Gelegenheitsstrukturen auf besonders benachteiligte Gruppen und die Wechselbeziehungen zwischen Gelegenheitsstrukturen und individuellem Handeln (Handlungsmacht/agency). In dem Projekt wurden unterschiedliche Verfahren der quantitativen und qualitativen Sozialforschung und der Sozialgeografie kombiniert: (1) statistische Sekundäranalysen von Daten der amtlichen Statistik sowie Erreichbarkeitsanalysen unterschiedlicher Infrastruktureinrichtungen auf Landkreis- oder Gemeindeebene, (2) regionale Fallstudien in ländlichen Peripherien in Tschechien und in Ostdeutschland, in denen problemzentrierte Interviews mit regionalen Expert:innen sowie mit Angehörigen dreier sozial benachteiligter Gruppen (Arbeitsmarktbenachteiligte, Alleinerziehende, ältere Alleinlebende) geführt und in deren Rahmen egozentrierte Netzwerkdaten und GPS-basierte Mobilitätsdaten erhoben wurden. Die quantitativen Analysen konnten ein typisches Bündel von Benachteiligungsformen in ländlichen Räumen identifizieren, zu dem unter anderem eine geringe Bildung, ein geringes Einkommen und saisonale Arbeitslosigkeit gehören. Klassische Armutsindikatoren hingegen sind nicht typisch für die untersuchten ländlichen Regionen in Ostdeutschland und Tschechien. Mit dem Blick auf die Handlungsmacht der Bewohner:innen, konnten detaillierte Einsichten in Alltagspraktiken der Bewohner:innen ländlicher Peripherien gewonnen und die Wechselwirkungen von sozialen und räumlichen Benachteiligungen untersucht werden. Diese gehen oft mit einer Akkumulation von Benachteiligungen einher, es zeigte sich aber auch, dass ländliche Peripherien auch für Bewohner:innen mit geringen Ressourcen nicht per se zur Raum- und Armutsfalle werden. Unsere Analysen zeigen, dass strukturelle Beschreibungen ländlicher Peripherien, etwa in Bezug auf den Mangel an Infrastrukturen und Daseinsvorsorgeeinrichtungen durch die Perspektive der Bewohner:innen und deren Bewertung und Nutzung lokaler und regionaler Gelegenheiten ergänzt werden müssen, um die Lebensverhältnisse in ländlichen Peripherien angemessen zu beurteilen. Der Vergleich von vier Regionen in zwei Ländern zeigt, dass Lebensverhältnisse in ländlichen Peripherien und der Umgang der Bewohner:innen sich in Regionen mit post-sozialistischem Hintergrund – trotz aller regionaler Unterschiede - stark ähneln. Unterschiede zeigen sich weniger zwischen den Regionen als zwischen den Befragtengruppen einerseits und zwischen Personen mit einer hohen oder geringen Ressourcenausstattung innerhalb dieser Gruppen andererseits. Überraschend war die relativ große Zufriedenheit mit dem Leben in einer ländlichen Peripherie auch von Personen in Dörfern mit sehr wenigen Einrichtungen und Angeboten sowie von Personen mit sehr geringen finanziellen Ressourcen. Verbunden war dies zum Teil mit einer hohen Wertschätzung von Werten wie Bodenständigkeit und Genügsamkeit mit einem einfachen Leben und mit der großen Bedeutung nachbarschaftlicher und familiärer Kontakte.

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