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Vom Lauf der Sterne und Gang der Uhren. Astronomie und Präzisionsuhrmacherei in Deutschland um 1800
Antragstellerinnen / Antragsteller
Dr. Sibylle Gluch; Dr. Peter Plaßmeyer
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392130775
Das Projekt untersucht die Herausbildung des Konzepts der Präzisionsuhr. Dafür analysiert es die Nutzung der Uhren in der Astronomie des 18. Jh. und ihren Einfluss auf die Art der astronomischen Aktivitäten sowie die Qualität der erzielten Ergebnisse. Im Gefolge der Arbeiten Isaac Newtons und zunehmend dringender praktischer Probleme etwa bei der Navigation auf See bedachten Gelehrte und Obrigkeiten die Astronomie seit dem späten 17. Jh. mit intensiver Aufmerksamkeit. Etwas später als in England und Frankreich machte sich diese Entwicklung im deutschen Sprachraum gegen Ende des 18. Jh. in der Gründung einer Vielzahl astronomischer Observatorien bemerkbar. Alle Observatorien benötigten präzise, d. h. gleichförmig laufende Uhren, "weil in der Sternkunde beynahe alles auf den richtigen Gang der Uhren ankömt" (Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1781, S. 173). Diese eingängige Aussage des Berliner Astronomen Johann Karl Schulze (1749-1790) führt zu einer Reihe offener Fragen hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen Uhren, astronomischen Instrumenten und astronomischer Praxis. Denn wann verfügte eine Uhr über einen richtigen Gang? Nach welchen Kriterien wurde sie geprüft und inwieweit beeinflusste ihr Gang die Qualität der astronomischen Beobachtung? Die Ganggenauigkeit der Uhr wirkte z. B. unmittelbar auf die Genauigkeit der Positionsbestimmung von Fixsternen. Denn eine der beiden gesuchten Koordinaten, die Rektaszension (auf den Himmelsäquator bezogener Winkelabstand des Sterns zum Frühlingspunkt) wurde bereits seit der zweiten Hälfte des 17. Jh. mit Hilfe von Uhren ermittelt. Im Unterschied zu den Observatorien in Paris und London arbeitete ein Großteil der deutschen Sternwarten jedoch mit Pendeluhren einfachster Bauart. Waren sich die deutschen Astronomen dieses Umstandes bewusst? Konnten sie die verminderte Qualität ihrer Uhren kompensieren? Oder betrieben sie eine andere Art der Astronomie als ihre englischen und französischen Kollegen? Das Projekt wird die Nutzung der Uhren in Zusammenhang mit dem Einsatz weiterer astronomischer Instrumente untersuchen. Entwicklungen, z. B. bei Quadranten und Kreisinstrumenten führten im Verlauf des 18. Jahrhunderts zu einer deutlich höheren Präzision bei astronomischen Winkelmessungen. Wirkte sich diese gesteigerte Präzisionsleistung auf den Einsatz der Uhren bzw. die Anforderungen an ihre Ganggenauigkeit aus? Gab es also Wechselwirkungen zwischen astronomischem Instrumentenbau und der Entstehung des Konzepts der Präzisionsuhr? Das Projekt möchte die skizzierten Fragen durch die Analyse schriftlicher Quellen wie Beobachtungsjournale, Korrespondenzen, zeitgenössische Periodika und Fachliteratur, die systematische Auswertung von Gangdaten sowie Objektstudien beantworten. Auf diese Weise wird es den Gebrauch und die Bedeutung der Uhren in der astronomischen Praxis des 18. und frühen 19. Jh. differenzieren und in ihrem Zusammenspiel mit astronomischen Instrumenten und Praktiken darstellen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen