Eine Untersuchung zum Einfluss formaler Merkmale von audiovisuellen Narrationen auf die empathische Reaktion und das prosoziale Verhalten von RezipientInnen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projekts war es, das Wissen über die Rolle audiovisueller formaler Merkmale für die soziale Wirkung fiktionaler filmischer Erzählungen zu erweitern. Fiktionale filmische Erzählungen haben einen Einfluss auf das Empathievermögen und auf prosoziale Denk- und Verhaltensweisen, die grundlegende Komponenten einer gut funktionierenden menschlichen Gesellschaft sind. Empathische Reaktionen des Publikums auf prosoziale Erzählinhalte sind relativ gut dokumentiert, wohingegen der Einfluss audiovisueller Erzählformen noch kaum erforscht ist. Um diese Forschungslücke zu schließen, wurden im Projekt die Auswirkung audiovisueller formaler Merkmale auf empathische Reaktionen und der moderierende Einfluss individueller Empathie-Unterschiede untersucht. Hierzu wurden manuelle und computergestützte Verfahren der Bildanalyse eingesetzt, die effiziente und kontinuierliche Messungen mit hoher Auflösung und Genauigkeit ermöglichen. Die Analyse umfasste die Skalierung der Einstellung, die Darstellung von Gesichtern, den Kamerawinkel, die Kameraperspektive, die Sättigung, die Varianz der Sättigung, die Helligkeit, die Schattenfläche, den Kontrast, die visuelle Spannung, die Vektorbewegung, die Ablenkungsreize im Hintergrund, die Zusammensetzung der Einstellung, die visuelle Kohärenz der Einstellung und die Einstellungslänge. Es wurde ein umfangreicher Datensatz generiert, der konventionelle Hypothesentests und fortgeschrittene explorative statistische Analysen ermöglichte, um die Vorhersagekraft der Empathiemodelle zu maximieren und neue Hypothesen für die zukünftige Forschung zu entwickeln. Zunächst wurde eine formale Analyse von 100 Filmszenen durchgeführt. Diese Analyse ergab, dass Merkmale der Darstellung von Gesichtern und Körpern von Schauspieler:innen die wahrgenommene Distanz der Zuschauer:innen zu den Figuren verringern und so einen direkten Einfluss auf die Empathie ausüben können. Zweitens können Merkmale, die mit der Erregung und der visuellen Komplexität zusammenhängen, wie z. B. Schnittfrequenz, Helligkeit, Bewegung und Ablenkungsreize im Hintergrund, so ausbalanciert werden, dass sie die Aufmerksamkeit fesseln und gleichzeitig den Verständnisprozess nicht überfordern. Schließlich kann durch Variation der visuellen Bildkohärenz, des Kontrasts und der Fokuspunkte im Bild die Kohärenz verbessert werden, um ein eingängiges Seherlebnis zu ermöglichen. Anschließend wurde ein Experiment durchgeführt, bei dem den Teilnehmer:innen eine der 100 Filmszenen vorgeführt und empathische Reaktionen gemessen wurden. So konnten formale Merkmale identifiziert werden, die für das Empathieerleben ausschlaggebend sind. Im abschließenden Experiment wurden Auswirkungen formaler Merkmale auf verschiedene Formen empathischer Reaktionen (affektive Empathie, kognitive Empathie und empathischen Stress) untersucht, wobei der moderierende Einfluss der Darstellung von körperlichem Leid, Szenenverlauf und Trait Empathie berücksichtigt wurden. Zusammenfassend wurde im Rahmen des Projekts ein integratives Modell entwickelt, das Konzepte aus den Bereichen Empathie und formzentrierte Studien miteinander verbindet. Diese Forschungsbereiche, die bislang isoliert voneinander untersucht wurden, konnten so zu verallgemeinerbaren Aussagen über den Zusammenhang von Empathie, prosozialem Verhalten und formalen Merkmalen audiovisueller Botschaften verbunden werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Pity - the ambivalent, patronizing side of empathy? Paper presented at the Annual Conference of the International Communication Association (ICA), Prague, Czech Republic.
Bartsch, A.; Sukalla, F. & Schindler, J.
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Shot Scale and Viewers’ Responses to Characters in Animated Films. Emotion in Animated Films, 162-180. Routledge.
Bálint, Katalin E. & Rooney, Brendan
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Abbau von Stigmata durch die Paralympics. Empathie, Publikumsinteresse und Einstellungsänderung gegenüber Menschen mit Behinderungen. Vortrag auf der 2. Jahrestagung der Fachgruppe „Mediensport und Sportkommunikation“ in der DGPuK, Leipzig.
Bartsch, A. & Frey, F.
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Shaping Film: A Quantitative Formal Analysis of Contemporary Empathy-eliciting Hollywood Cinema. Presentation at the 11th Media Psychology Conference by the Media Psychology Division of the German Psychology Society, Chemnitz, Germany.
Lankhuizen, T.
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The Effects of Formal Features of Hollywood Cinema on Viewer Empathy, Engagement, and Enjoyment. Poster presented at the 11th SCSMI Conference by the Society for Cognitive Studies of the Moving Image, Hamburg, Germany.
Lankhuizen, T.
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Shaping Film: A Quantitative Formal Analysis of Contemporary Empathy-eliciting Hollywood Cinema. Presentation at the 12th SCSMI Conference by the Society for Cognitive Studies of the Moving Image, Online (COVID-19).
Lankhuizen, T.
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The Influence of Formal Features in Popular Film on Audience Empathy. Presentation at the 22nd Etmaal Conference by the Netherlands Flanders Communication Association, Amsterdam, Netherlands.
Lankhuizen, T.
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Eudaimonic stories: How meaningful, moving and thought-provoking narratives can stimulate empathy and prosocial responses. Keynote at the Online Symposium Therapeutic Narratives? Processes and Effects of Eudaimonic Entertainment.
Bartsch, A.
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Rules of Engagement? The Influence of Visual Formal Features on Audience Empathy in Popular Film. Poster presented at the 12th Media Psychology Conference by the Media Psychology Division of the German Psychology Society, Aachen, Germany.
Lankhuizen, T.
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Stopping the Stigma. How Empathy and Reflectiveness Can Help Reduce Mental Health Stigma. Media Psychology, 25(3), 367-386.
Hecht, Marlene; Kloß, Andrea & Bartsch, Anne
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Style Over Substance? Quantitative Analysis of the Effects of Form on Empathy in Popular Film. Presentation at the 13th SCSMI Conference by the Society for Cognitive Studies of the Moving Image, Online (COVID-19).
Lankhuizen, T.
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The Influence of Formal Features in Popular Film on Viewer Empathy. Presentation at the 71st Annual ICA Conference by the International Communication Association, Online (COVID-19).
Lankhuizen, T.
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Depictions of Suffering and Type of Scene Progression as Moderators of Form and Viewer Empathy in Film. Presentation at the 24th Etmaal Conference by the Netherlands Flanders Communication Association, Online (COVID-19).
Lankhuizen, T.
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Personal relevance and state empathy with a character facilitates self-disclosure in film viewers. Frontiers in Communication, 7.
Bálint, Katalin; Sukalla, Freya & Rooney, Brendan
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Shaping film: A quantitative formal analysis of contemporary empathy-eliciting Hollywood cinema.. Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts, 16(4), 704-718.
Lankhuizen, Tess; Bálint, Katalin E.; Savardi, Mattia; Konijn, Elly A.; Bartsch, Anne & Benini, Sergio
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The Influence of Form on Viewer Empathy in Relation to Depictions of Suffering and Type of Scene Progression of Hollywood Film Scenes. Paper presented at the 72nd Annual ICA Conference by the International Communication Association, Paris, France.
Lankhuizen, T.
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This is emotional! Empathy during the cinematic experience. Invited talk at the Art in Conversation series at University of St Andrews.
Balint, K.E.
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The effects of shot scale and film aesthetics on cinematic absorption. Invited talk at the Symposium of Empathies, Brain, and the Moving Image at Tel- Aviv University, Israel.
Balint, K.E.
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The Psychology of Cinematography. Workshop on Intelligent Cinematography and Editing (WICED) and Emotions in Movie. University of Nantes, France.
Balint, K.E.
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Chapter 5 Audio-Visual Formal Features of Entertainment Messages. Entertainment Media and Communication, 69-84. De Gruyter.
Bálint, Katalin E.
