Braucht Deutschland die erbschaftsteuerliche Verschonung von Familienunternehmen?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Betriebsvermögen wird im Rahmen der Erbschaftsteuer erheblich begünstigt. Die Begünstigung gehts so weit, dass Betriebsvermögen in den allermeisten Fällen de facto völlig steuerfrei gestellt wird. Mit geringem steuerplanerischen Aufwand gelingt das selbst für sehr große Vermögen. Steht Nicht-Betriebsvermögen in größerem Umfang zur Vererbung an, wird man mit steuerplanerischen Mitteln ebenfalls versuchen und erreichen, solche Erbschaften steuerfrei zu stellen. Vor allem deswegen ist das Steueraufkommen der Erbschaftsteuer mit ca. 9 Milliarden € pro Jahr vergleichsweise niedrig. Es liegt unter dem Steueraufkommen der Tabaksteuer. Die Begünstigung von Betriebsvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuer kommt einer de facto Abschaffung der Erbschaftsteuer nahe. Deswegen bedarf diese Begünstigung einer besonders überzeugenden Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung sieht der Gesetzgeber darin, dass Familienunternehmen für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Diese soll insbesondere in der Bereitstellung von Arbeitsplätzen bestimmen. Eine solche Rechtfertigung ist im Grundsatz einer empirischen Überprüfung zugänglich. Dieses Projekt untersucht deswegen, ob in erheblichem Umfang Arbeitsplätze verloren gehen, falls Familienunternehmen verkauft statt innerhalb der Familie vererbt werden. Empirische Evidenz für diese These konnte allerdings nicht gefunden werden. Vielmehr ist empirisch auffällig, dass vererbte Familienunternehmen in Steuersystemen mit einer Begünstigung von Betriebsvermögen operativ weniger effizient agieren als verkaufte Familienunternehmen. Dieser Befund ist plausibel erklärbar durch die Hypothese, dass die erhebliche Begünstigung der Vererbung von Familienunternehmen im Rahmen der Erbschaftsteuer zur Vererbung von Familienunternehmen auch dann führt, wenn eine solche an sich betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Denn die schlechtere betriebswirtschaftliche Performance solcher Familienunternehmen nach Vererbung wird mehr als ausgeglichen durch die steuerliche Begünstigung im Rahmen der Erbschaftsteuer. Empirisch herausfordernd bei dieser Analyse ist insbesondere die Identifikation der vererbten Unternehmen. Dies geschieht über die Nachnamen der Anteilseigner von Unternehmen. Eine Vererbung wird dann angenommen, wenn sich der Vorname ändert, der Nachname aber gleichbleibt. Gegeben die politische Brisanz der Fragestellung erscheinen uns gegenwärtig die Anzahl der identifizierten vererbten Familienunternehmen zu gering für eine valide Aussage. Deswegen ist die ursprünglich geplante Veröffentlichung der Ergebnisse in einer referierten Fachzeitschrift bisher nicht erfolgt. Stattdessen arbeiten wir gegenwärtig an einer Verlängerung des Datensatzes über die Zeit.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Die Wirkung von Steuern auf unternehmerisches Handeln – Anreize des erbschaftsteuerlichen und internationalen Steuersystems
Riedle, Michael
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Performance und Beschäftigung in Familienunternehmen – Implikationen für die erbschaftsteuerliche Verschonung des Betriebsvermögens
Kompolsek, Patrick
