Chick Lit and the Narrative Construction of Post-Feminist Femininities
Final Report Abstract
Populäre Mediengattungen tragen zur diskursiven Konstruktion gesellschaftlicher Wirklichkeiten bei. Dies betrifft auch die Herstellung und Perpetuierung verbreiteter Konzeptionen von Geschlecht und die damit einhergehenden Verhaltenserwartungen und Identifikationsrahmen. Sogenannte "Unterhaltungsliteratur" hat an solchen Konstruktionsprozessen einen erheblichen Anteil. Ausgangspunkt des Projekts war daher die Frage, mit welchen erzählerischen Mitteln das in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren überaus populäre Genre der Chick Lit, die ein post-feministisches Weiblichkeitsbild propagierte, das eine neoliberale Wirtschaftsideologie bestärkte und zentrale Überzeugungen und Erkenntnisse feministisch-kritischer Diskurse zurückdrängte. Nach Aufnahme der Projektarbeit zeigte sich jedoch zum einen, dass sich die Gattung selbst weiter ausdifferenzierte und speziellere soziokulturelle Milieus und Frauenrollen in den Blick nahm (Black British Chick Lit, Mum Lit). Zum anderen wurde deutlich, dass sich der sozioökonomische und damit ideologische Kontext neo-liberalen Denkens u.a. im Zuge der weltweiten Finanzkrise geändert hatte. Die vorherigen Glücksnarrative der Chik Lit, die auf einer funktionierende Konsumgüterökonomie und dem Versprechen sozialen Aufstiegs durch wirtschaftlichen Erfolg basierten, waren nun nicht mehr angemessen. Damit einhergehend zeigte die Projektarbeit eine Verschiebung des populären Rezeptionsinteresses auf Romane der neu entstehenden Subgattung des Domestic Noir, die zwar der Chick Lit verwandt waren, ihren post-feministischen Konzeptionen von Weiblichkeit jedoch durch die Verwendung von Elementen der Gothic Fiction eine pessimistische bis dystopische Wendung verliehen und das in der Chick Lit durch humoristisch eingesetzte Erzählstrategien erzeugte Wohlfühlerlebnis bei der Rezeption in Frage stellten. Aufgrund dieser kontextuellen und textuellen Verschiebungen kamen Konzepte in den Blick, die ab den 2010er den gesellschaftlichen Diskurs postfeministischer Weiblichkeiten stärker prägten und in sehr unterschiedlichen Romanen (nicht nur der Unterhaltungsliteratur) verhandelt wurden; das Projekt theoretisierte diese Konzepte nun unter den Begriffen Prekarität und Resilienz. In der Anwendung der theoretisch-konzeptuellen Grundlagen auf insgesamt 49 Romane, von denen elf einer detaillierten Analyse und Interpretation unterzogen wurden, konnte gezeigt werden, wie erzählerische Mittel (Fokalisierung, Erzählstimme, Behandlung von Erzähltempus und Temporalität der Handlung, Plotstrukturen, Einfügung nicht-erzählerischer Textformate wie Emails, Tagebucheinträge oder To-Do Listen) eingesetzt werden, um Möglichkeiten und Grenzen postfeministischer Weiblichkeitskonzeptionen auszuhandeln.
Publications
-
Introduction: The Return of Utopian Aesthetics and Politics in 21st-Century Literature. New Approaches in 'Radical' as well as 'Practical' Utopianism. Anglistik, 35(1), 137-143.
Adair, G.; Böhm-Schnitker, N. & Waldherr, R.
-
Reclaiming TINA Neoliberalism's Precarious Futures: Utopia and Narrative Democracy in Postmillennial Afterlife Fictions. Anglistik, 35(1), 215-231.
Waldherr, R.
