Befähigung und Optimierung des Fügewickelverfahrens zur Verarbeitung von faserverstärkten Thermoplasten für die Herstellung von Fachwerkstrukturen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ein verändertes ökologisches Bewusstsein und gesetzliche Rahmenbedingungen führen in industriellen Anwendungen zum vermehrten Einsatz von Leichtbaukomponenten aus Faserverbundwerkstoffen. Vor diesem Hintergrund fokussierte das Projekt daher ein neuartiges Verfahren zum Fügen von Hohlprofilen aus derartigen Verbundwerkstoffen. Erste grundlegende Untersuchungen zum Wickelprozess mit einem Wickelring, geführt von einem Vertikal-Knickarm-Roboter, wurden hierzu 2014 angestellt. Aufbauend auf den beschriebenen Erkenntnissen lag das Ziel der Arbeiten in der Modellierung der Wickelverbindung und des zugehörigen Fügeprozesses zur Erhöhung der Flexibilität und Reproduzierbarkeit des Verfahrens. Das Faserwickeln zum Fügen von Hohlprofilen grenzt sich gemäß des Stands der Forschung und Technik durch das hohe Leichtbaupotential und die große Gestaltungsfreiheit von den bisher bestehenden Fügetechniken ab. Um dieses Potential vollständig ausnutzen zu können war allerdings eine vollständige Modellierung von Wickelpfaden und –mustern sowie der Bewegungen im Prozess notwendig. Um die bestehenden Defizite auszugleichen und das Ziel einer Modellierung des Fügewickelverfahrens zu erreichen wurde ein modularer Lösungsansatz vorgestellt. Im ersten Schritt wurden die für die Modellierung relevanten Einflussgrößen identifiziert und die Varianz an möglichen Wickelmustern durch manuelle Wickelversuche ermittelt. Die Reibung der Fasern beim Ablegen auf der Profiloberfläche wurde als wichtiger Parameter bei der Modellbildung detaillierter untersucht. In experimentellen Versuchen wurde der Rutschkoeffizient für unterschiedliche Materialpaarungen ermittelt und diente als Obergrenze für die Abweichung maximale Abweichung der Wickelpfade von der geodätischen Idealkurve bei der Wickelpfadgestaltung. Die Modellierung der Wicklungen zur Erzeugung der Fügeverbindung erforderte zunächst die mathematische Beschreibung der Oberflächen beider Profile. Auf dieser Grundlage werden die Wickelpfade auf dem flanschförmigen Bereich des Längsprofils mittels eines schrittweisen Algorithmus zur Generierung nicht-geodätischer Kurven erzeugt. Diese Kurven werden im Übergangsbereich zwischen beiden Profilen tangential weitergeführt und auf dem Längsprofil mit Hilfe einer kubischen Ansatzfunktion modelliert. Ein iterativer Algorithmus optimiert dabei den Kurvenverlauf hinsichtlich der maximalen Rutschneigung, um ein Verrutschen der Fasern durch zu große Krümmungsänderungen beim Ablegen zu vermeiden. Die Modellierung der Bewegungen während des Prozesses basiert auf einer geometrischen Betrachtung des Vertikal-Knickarm-Roboters sowie des Wickelrings. Zusammen mit den diskreten Punkten des modellierten Wickelmusters sowie den Geometrieparametern der Profile können die einzelnen Gelenkstellungen sowie die Rotorposition des Wickelrings mittels inverser Kinematik für jeden Bewegungsschritt ermittelt werden. Dabei wird in jedem Berechnungsschritt ein iterativer Algorithmus zur Kollisionsvermeidung des Wickelrings mit den Profilen angewendet. Die Prozessbefehle werden von einer speicherprogrammierbaren Steuerung ausgeführt, welche die Bewegungen des Wickelrings und des Vertikal-Knickarm-Roboters anhand einer modellbasierten Regelung synchronisiert. Die für die Bewegungen notwendigen Steuerungsbefehle werden mittels einer entwickelten Methodik automatisiert anhand der vorhandenen Modelle abgeleitet und in maschinenlesbare Schritte übersetzt. Die abschließende Validierung der Modelle erfolgte durch experimentelle Wickelversuche mit unterschiedlichen Profilen auf Basis einer statistischen Versuchsplanung (DoE). Die hergestellten Fügeverbindungen wurden kamerabasiert untersucht und die Ist-Position der einzelnen Wicklungen mit den Soll-Positionen aus der Modellierung verglichen. Die Ergebnisse zeigten unter Berücksichtigung der getroffenen Annahmen und Vereinfachungen eine Abweichung der Mittelwerte zwischen Modell und realen Wicklungen von 2,22 mm bis 3,54 mm. Der Fehler bei der Abschätzung der Prozesszeit durch das Modell lag bei maximal 3,8 %. Die benötigte Rovinglänge für eine Wicklung konnte mit einer Ungenauigkeit von 0,9 % berechnet werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Experimental investigation of frictional behavior in a filament winding process for joining fiber-reinforced profiles. Composite Structures, 229 (2019, 12), 111436.
Dackweiler, Marius; Hagemann, Lorenz; Coutandin, Sven & Fleischer, Jürgen
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Modeling and optimization of winding paths to join lightweight profiles with continuous carbon fibers. Production Engineering, 13(5), 519-528.
Dackweiler, Marius; Mayer, Tobias; Coutandin, Sven & Fleischer, Jürgen
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„Prozessmodellierung des Faserwickelns als Fügeverfahren". Lightweight Plaza, Hrsg. Hannover Messe, S. 1-17.
Dackweiler, M.; Coutandin, S. & Fleischer, J.
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„Modellierung des Fügewickelprozesses zur Herstellung von leichten Fachwerkstrukturen", Dissertation, wbk Institut für Produktionstechnik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Dackweiler, M.
