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Zwischen Arbeitseinsatz und Rassenpolitik: Die Kinder osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen und die Praxis der Zwangsabtreibungen im Nationalsozialismus
Antragstellerin
Professorin Dr. Isabel Heinemann
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 397505968
Mit der Untersuchung des Schicksals polnischer und sowjetischer Kinder von NS-Zwangsarbeiterinnen berührt das vorliegende Forschungsprojekt einen neuralgischen Punkt im Spannungsfeld zwischen Arbeitseinsatz- und Rassenpolitik im Zweiten Weltkrieg. Die von SS-Rasseexperten als schlechtrassig erachteten Kinder wurden durch die jeweiligen Arbeitgeber von ihren Eltern getrennt und in sogenannten Ausländerkinder-Pflegestätten isoliert, wo viele von ihnen aufgrund von bewusster Vernachlässigung starben. Darüber hinaus versuchten die zuständigen Behörden rassisch unerwünschten Nachwuchs durch Zwangsabtreibungen zu unterbinden. Wertvolle Neugeborene hingegen wurden nach dem Willen Himmlers in Heimen der NSV oder des Lebensborn e.V. zwangsweise eingedeutscht. Obwohl es sich bei den Ausländerkinder-Pflegestätten in Verbindung mit Rasseprüfungen und Schwangerschaftsabbrüchen bei Zwangsarbeiterinnen um ein zentrales Projekt der NS-Vernichtungspolitik handelte, das tiefgreifend in Ideologie, Politik und Kriegswirtschaft verwurzelt war, existieren zu diesem Themenkomplex nur wenige Regionalstudien. Das vorliegende Projekt hat das Ziel, unter Rückgriff auf die bislang marginalisierte Opfergruppe der polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiterkinder und ihrer Mütter einen neuen Zugang zur Alltags- und Geschlechtergeschichte sowie zur Geschichte von Reproduktionsentscheidungen unter den Bedingungen von Diktatur, Zwang und Gewalt zu entwickeln. Auf der Grundlage neu zugänglicher Quellen des International Tracing Services in Bad Arolsen sowie bislang unerfasster Prozess- und Ermittlungsakten zu deutschen Kriegsverbrechen aus Archiven in London, Washington und Warschau wird erstmalig eine präzise Datengrundlage für den Untersuchungsraum der britischen Besatzungszone erarbeitet. Ein besonderer Fokus des Projekts liegt auf den Aushandlungsprozessen zwischen rassenpolitischen Zielsetzungen und wirtschaftlichen Interessen unter Berücksichtigung der Institutionen, Orte, Opfer und Täter.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen