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Zwischen Diplomatie und Entwicklungspolitik. Die Geber im Indien-, im Pakistan- und im Türkei-Konsortium 1959-1974

Antragsteller Dr. Amit Das Gupta
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 397668674
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bei dem Forschungsprojekt handelt es sich um die erste wissenschaftliche Untersuchung der Entwicklungskonsortien für Indien, Pakistan und die Türkei über einen längeren Zeitraum, in dem die Strategien einer Vielzahl von Gebern analysiert wurde. Aufgrund großer Lücken in allen Archiven der Geberländer sowie der Schließung des Archivs der OECD war eine gleichwertige Berücksichtigung der Türkei nicht möglich, weshalb die Monographie auf die südasiatischen Konsortien fokussiert. Einige Geberprofile waren für das erste hier betrachtete Jahrzehnt hinsichtlich der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit einigen Empfängern bekannt. Dies betrifft insbesondere die USA und die Bundesrepublik, teils auch Kanada, jedoch nicht Großbritannien. Hinsichtlich auch der politischen Beziehungen der Niederlande und Österreichs zu den Empfängern beschritt das Projekt absolutes Neuland. Dies gilt auch für die Untersuchung des Zusammenspiels von Industrieländern in Foren, in denen wirtschaftliche, finanzielle, entwicklungspolitische, aber auch außenpolitische Themen gemeinsam mit teils blockfreien Entwicklungsländern angegangen wurden. Wie erwartet, unterschieden sich die Einflussmöglichkeiten signifikant von denen in westlichen Militärbündnissen. Die USA waren lediglich primus inter pares, während die Bundesrepublik und Japan dank ihres wirtschaftlichen Potentials die Nuklearmächte Großbritannien und Frankreich überflügeln konnten. Kanada gelang das Kunststück, nicht als Mitglied der NATO, sondern als besonders verständnisvoll wahrgenommen zu werden. Die Niederlande demonstrierten, dass innovative Ansätze und kluges Taktieren bedeutsamer sein konnten als hohe finanzielle Zusagen. Österreich hingegen nutzte bis 1970 die Konsortien vornehmlich als Beobachtungsposten. Da das neutrale Wien darauf beharrte, dass Bündnispolitik keine Rolle spielen dürfe, bahnte es den Weg für den Beitritt anderer europäischer Neutraler wie Schweden. Die Politik Japans bleibt nur schemenhaft erkennbar, da die Interaktion mit anderen Gebern minimal war und Archive des Landes nicht ausgewertet werden konnten. Die Weltbank muss als eigenständiger Akteur verstanden werden, der nicht nur Expertise bereitstellte und die südasiatischen Konsortien koordinierte, sondern auch eine eminent politische Agenda verfolgte, von der vor allem Indien profitierte. Insbesondere das Pakistan-Konsortium muss – ungeachtet der beachtlichen Anfangserfolge – vorrangig als Forum der politischen Auseinandersetzung verstanden werden. Seine Gründung folgte nicht entwicklungs-, sondern bündnispolitischer Logik. Als das Land mit dem Misserfolg des Kaschmirkriegs 1965 in tiefe innenpolitische Turbulenzen stürzte, versuchten die Geber mit zunehmendem Druck, politische Reformen wie die Eindämmung des Einfluss des Militärs und eine faire Behandlung Ost-Pakistans zu erwirken. Dies endete vor dem Bangladesch-Krieg in einer offenen Konfrontation, in der die Geber die Entwicklungszusammenarbeit aussetzten und Pakistan ein Schuldenmoratorium verhängte. Das Indien-Konsortium ging den entgegengesetzten Weg. Anfängliche Bemühungen mehrerer Geber um eine Modifikation von Wirtschafts- und Außenpolitik wurden fallengelassen. Ab 1966 galt der Fokus ausschließlich finanziellen Fragen, während die militärische Intervention in Ost-Pakistan wie der Nukleartest bewusst ignoriert wurden. Ähnlich ist dies für das Türkei-Konsortium zu beobachten, wo weder Regierungswechsel noch bürokratische Ineffizienz oder die Intervention auf Zypern für Brüche in der Entwicklungszusammenarbeit sorgten. Auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in der Dritten Welt liefert die Studie neue Einsichten: Da die Konsortien eine enge Zusammenarbeit vorrangig zwischen Regierungen etablierten, entstand bei den Empfängern auch auf Drängen der Geber ein enormer staatlicher Apparat, der detaillierte Daten zur Finanzlage, geförderten Projekten und wirtschaftlicher Entwicklung liefern musste. Somit förderten kapitalistische Staaten nolens volens einen Ausbau des staatlichen Sektors ohne jemals Überlegungen anzustellen, wie die Transformation zu freien Marktwirtschaften bewerkstelligt werden könnte.

 
 

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