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Der König als Teil des Netzwerks. Herrschaftspraxis unter Wenzel IV. (1361-1419) in Böhmen und im Reich.

Antragsteller Dr. Christian Oertel
Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 398772584
 
Das vorgeschlagene Projekt möchte untersuchen, wie Herrschaft zur Zeit König Wenzels IV. funktionierte. Die fast durchgehend negative Bewertung dieses Herrschers sowohl durch die zeitgenössische Historiographie als auch durch die moderne Forschung brachte ihm den Beinamen "der Faule" ein. Auf der anderen Seite herrschte er 22 Jahre lang über das römisch-deutsche Reich und über 40 Jahre als böhmischer König. Die langen Regierungszeiten zeigen, dass er Wege gefunden haben muss, seine Herrschaft durchzusetzen und aufrechtzuerhalten. Diese Wege sollen im hier vorgeschlagenen Projekt vor allem anhand des erhaltenen Urkundenmaterials nachvollzogen und analysiert werden.Der Antragsteller möchte auf der Grundlage nicht-historiographischer Quellen die Regierungspraxis Wenzels IV. neu untersuchen. Den chronologischen Rahmen soll das Jahrzehnt von 1392 bis 1401 bilden. Mit der Frage nach der Regierungspraxis ist hier gemeint: Wie, d.h. auf welchen Wegen und durch welche Personen, setzte Wenzel seine Herrschaft durch? Welche Personen und Personengruppen setzten dem Widerstand entgegen? Aus welchen Regionen der beiden Reiche wandte man sich überhaupt an ihn? Vergrößerte oder verkleinerte sich der Bereich, in dem Wenzel tatsächlich herrschte?Die Urkunden Wenzels sind bisher weder als Edition (MGH) noch als Regest (RI) ediert worden. Dem Antragsteller wurden allerdings zwei Urkundensammlungen übergeben, die von Wilhelm Hanisch und Ivan Hlavácek in Vorbereitung der Regesta Imperii Wenzels angelegt wurden. Diese beiden Sammlungen bilden den Kern der zu bearbeitenden Quellen. Theorien und Methoden: Zunächst sind Überlegungen zur spätmittelalterlichen Königsherrschaft, ihren Idealen und Ausformungen grundlegend. Das von Müller-Mertens für früh- und hochmittelalterliche Herrscher entwickelte Konzept der Herrschaftspraxis muss für das späte Mittelalter weiterentwickelt werden. Die beginnende Institutionalisierung der Herrschaft und die generell geringere Mobilität der Herrscher (Residenzenbildung) muss hier auch konzeptionell berücksichtigt werden. Schließlich werden in der Urkundenauswertung Theorien und Methoden der Netzwerkanalyse angewandt.Phase 1: Die für die Untersuchung relevanten aus den Quellen extrahierten Daten in einer semantischen Graphdatenbank (Software: Segrada) sammeln und verknüpfen. Phase 2: Abfragen aus dieser Datenbank graphisch darstellen und mit Algorithmen der Netzwerkanalyse statistisch auswerten (Software: Gephi). Die Ergebnisse dieser Analysen werden zunächst eine Anzahl zeitlich gestaffelter Netzwerk-Graphen sein, die eine Rekonstruktion des politischen Systems des Untersuchungszeitraums darstellen. Phase 3: Rekontextualisierung der Ergebnisse der Netzwerkanalyse anhand der Quellen und Diskussion der Ergebnisse im Verhältnis zu anderen gesellschaftlichen Faktoren im Sinn einer Kulturgeschichte des Politischen.Phase 4: Verschriftlichung der Ergebnisse in einer Monographie.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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