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Mechanismen der Hemisphärendominanz: Wie unterscheiden sich links- und rechts-hemisphärische Homologe des Kernsystems der Gesichterverarbeitung funktionell?

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 401160617
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hälften. Strukturell sind beide Gehirnhälften auf den ersten Blick sehr ähnlich, funktionell hingegen sind sie völlig verschieden („Hemisphärenlateralisation“). Die linke Hirnhälfte ist beispielsweise bei den meisten Menschen dominant für Sprache, die rechte für räumliche Aufmerksamkeit. Im Projekt haben wir die Lateralisation des Gesichtsverarbeitungssystems untersucht. In der ersten Studie haben wir mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) an einer großen Kohorte gesunder Probanden (n~100) die Hemisphärendominanz der Gesichtsverarbeitung im sog. Kernsystem der Gesichterverarbeitung, bestehend aus „occipital face area“ (OFA), „fusiform face area“ (FFA) und dem Gesichtssensitiven Teil des posterioren superioren temporalen Sulcus (pSTS), untersucht. Es zeigte sich unerwartet, dass das fMRT-Aktivierungsmuster für alle drei Regionen nur im Gruppenmittel rechtslateralisiert ist. Im Gegensatz dazu konnte auf Einzelebene nur bei der Hälfte der Probanden eine klare Rechtsdominanz festgestellt werden. Das fMRT-Aktivierungsmuster ist somit weniger lateralisiert als bisher angenommen. Eine methodische Herausforderung stellte bei den Analysen die Identifizierung der einzelnen Regionen dar. Klassische Gesichtsverarbeitungsaufgaben sind nicht bei allen Probanden vollumfänglich geeignet, die anatomisch eng nebeneinander liegenden aktivierten Areale spezifischen Regionen zuzuordnen. Ebenfalls unerwartet war der interhemisphärische Informationstransfer bei der Verarbeitung der Gesichter, dargestellt über eine Dynamic Causal Modeling (DCM) Analyse, deutlich geringer als bisher beschrieben. Eine mögliche Ursache könnte sein, dass in bisherigen DCM-Studien die Gesichter, anders als in der jetzigen Studie, die Stimuli im Hemifeld präsentiert wurden, was zu einer artifiziellen Verstärkung des interhemisphärischen Transfers führte. In der zweiten Studie wurde die Hemisphärenlateralisation für die Gesichtsdetektion, einem frühen Gesichtsverarbeitungsprozess, untersucht. Dazu wurde eine sog. illusorische Gesichtsdetektionsaufgabe verwendet, bei ausschließlich der Rauschstimuli gezeigt wurden, den Probanden aber gesagt wurde, dass im Durchschnitt in jedem zweiten Stimulus ein Gesicht versteckt sei. Wenn die Probanden vermeintlich ein Gesicht erkannten, führte dies, genauso wie die Verarbeitung realer Gesichter, zu einer Aktivierung des Kernsystems. Interessanterweise war hier jedoch die Lateralisation der OFA signifikant stärker linkslateralisiert. Es fand sich ferner eine Kopplung des Kernsystems mit dem bilateralen orbitofrontalen Kortex und dem lateralen präfrontalen Kortex. Hierbei wurde jedoch keine Hemisphärenunterschiede im Kopplungsmuster festgestellt. In der dritten Studie wurde mittels transkranieller Magnetstimulation (TMS) die Rolle der OFA weiter untersucht. Hier konnten wir bisherige Befunde dahingehend erweitern und zeigzen, dass nicht nur die rechte, sondern auch die linke OFA spezifische Funktionen bei der Diskriminierung von Gesichtsbestandteilen (z.B. Augen) übernimmt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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