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"Sekundäre Hemiepiphyten" - ein Konzept auf dem Prüfstand

Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Pflanzen und Ökosysteme
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403244543
 
Tropische Biodiversität ist nicht nur hinsichtlich der Artenzahlen eindrucksvoll, sondern auch in Hinblick auf strukturelle und Lebensformvielfalt. Tropische Wälder verdanken ihre Komplexität und Vielfalt nicht zuletzt dem Vorkommen von Lebensformen, die in der temperaten Zone selten sind oder völlig fehlen wie Gefäßepiphyten, Hemiepiphyten, oder verholzte wie krautige Kletterpflanzen. Die Ökologie dieser Gruppen ist aber wesentlich weniger verstanden als die tropischer Bäume. Ein herausragendes Beispiel stellen die sogenannten ‘sekundäre Hemiepiphyten’ (SH) dar. Diese sind definiert als Pflanzen, die am Boden keimen, dann an Baumstämmen emporklettern, um schließlich am proximalen Ende abzusterben und epiphytisch ohne Kontakt mit dem Boden weiterzuwachsen. Obwohl moderne Lehrbücher zur Ökologie der Tropen SH typischerweise als eine von fünf Pflanzengruppen aufführen, die mechanisch von Bäumen abhängen, basiert das Konzept ‘sekundärer Hemiepiphyt’ fast ausschließlich auf anekdotischen Beobachtungen. Die wenigen experimentellen Arbeiten und eigene vorläufige Daten legen dagegen nahe, dass als SH kategorisierte Pflanzen die Verbindung zum Boden nicht verlieren, sondern nur das Wasserleitorgan Stamm durch sproßbürtige Wurzeln ersetzt wird. Die Übernahme der Wasserleitung durch Wurzeln könnte dabei schlicht und einfach eine Konsequenz hydraulischer Limitationen von Kletterpflanzen ohne sekundärem Dickenwachstum sein: fast all SH sind Einkeimblättrige. Das beschriebene Vorhaben wird dieses Problem, das bisher sowohl von Epiphyten-als auch Lianenforschern ignoriert wurde, nun angehen. Basierend auf einer quantitativen räumlich-zeitlichen Analyse der SH Gemeinschaften in zwei tropischen Wäldern, bei der vor allem auf das Vorhandensein einer Wurzelverbindung mit dem Boden geachtet wird, werden wir Keimung, Etablierung und wichtige funktionale Aspekte von SH erfassen und mit denen „normaler’ Kletterpflanzen und Epiphyten vergleichen. Falls wir zeigen können, dass SH ohne Ausnahme vom konstanten Wurzelkontakt zum Boden abhängen, liegt der Schluss nahe, dass das Konzept ‘sekundärer Hemiepiphyt’ in der Tat wenig mit biologischer Realität zu tun hat und einen unnötigen und sogar irreführenden Begriff darstellt. Sollten wir aber alternativ die Existenz solcher Pflanzen bestätigen können, wäre dies der Nachweis einer aufregenden Facette pflanzlicher Wuchsstrategien.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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