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Die große Erzählung von der “Heiligen Verteidigung”: Die Dynamik von Repräsentation und Subversion in der iranischen Kriegsliteratur
Antragstellerin
Goulia Ghardashkhani-Otter, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 404765835
Große Erzählungen (J.-F. Lyotard) sind ein unentbehrliches Instrument für die ideologische Untermauerung neu etablierter politischer Systeme. Die große Erzählung von der “Heiligen Verteidigung”, bezogen auf den Iran-Irak-Krieg (1980-88) als identitätsstiftendes Ereignis in der Geschichte der Islamischen Republik Iran, ist ein einschlägiger Fall. Basierend auf Dichotomien wie nationale Selbstbestimmung/Fremdherrschaft, Rechtschaffenheit/Böse, Frömmigkeit/Gottlosigkeit, Selbstaufopferung/Genusssucht usw., ist diese große Erzählung bewusst eingesetzt worden, um die Sache der Islamischen Revolution und das Handeln der Institutionen der Islamischen Republik zu rechtfertigen – nicht nur in Propagandaplakaten und bildender Kunst, sondern auch in (staatlich geförderter) erzählender Literatur.Im Rahmen des Projekts soll die Beziehung zwischen der großen Erzählung von der “Heiligen Verteidigung” und ihrer Repräsentation bzw. Reflektion in der nachrevolutionären iranischen Literatur untersucht werden – sowohl in Werken, die dem Genre der Literatur der “Heiligen Verteidigung” zuzuordnen sind als auch in Werken, die den Krieg thematisieren, ohne indes als Literatur der “Heiligen Verteidigung” vermarktet zu werden.Ferner soll untersucht werden, inwieweit sich die Darstellung der “Heiligen Verteidigung” im narrativen Raum im Laufe der Zeit gewandelt hat – insbesondere die Frage, wie und warum die einschlägige Literatur sich entweder zunehmend von der großen Erzählung emanzipiert, oder ihren künstlerischen Reiz verloren hat. Es wird hierbei von der Hypothese ausgegangen, dass jede diachronische Realisierung einer großen Erzählung in narrativer Form über eine intertextuelle Dynamik verfügt, durch die sich die große Erzählung gewissermaßen selbst unterwandert – indem sie nämlich aus der erhabenen Sphäre abstrakter Ideologie heruntergezerrt und den banalen Erfordernissen des Plots und der narrativen Konvention unterworfen wird. Im Rahmen des Projekts sollen also die Strukturen und Prozesse untersucht werden, durch welche sich die große Erzählung von der “Heiligen Verteidigung” durch ihre Inszenierung und Darstellung in narrativen Texten selbst unterwandert. Hauptziel des Projektes ist es somit, diese Frage zu beantworten: Wie wird die große Erzählung von der “Heiligen Verteidigung” durch das dynamische, intertextuelle Wechselspiel zwischen ihren aufeinanderfolgenden Repräsentationen in unterschiedlichen narrativen Plots betroffen bzw. beeinträchtigt? Die Textanalyse geht von der Annahme aus, dass eine große Erzählung in narratologischer Hinsicht anderen strukturellen Mustern folgt als ein erzählender Text im literarischen Sinne.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen