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Flows und Spannungen: Die Camondo Familie als kulturelle Übersetzer zwischen dem Osmanischen Reich und Europa im 18. Jahrhundert
Antragstellerin
Dr. Irena Fliter
Fachliche Zuordnung
Frühneuzeitliche Geschichte
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung
Förderung seit 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 405015355
Die mikrohistorische Studie der jüdisch-osmanischen Familie namens Camondo spiegelt die globalen Transformationen wider, welche die osmanische Welt erfassten. Diese führten zu wachsenden Kontakten, Verhandlungen aber auch Konfrontationen mit den europäischen Nachbarn im 18. und frühen 19. Jahrhundert. Die Analyse zeigt, dass Mitglieder der Kaufmanns-Bankier-Familie frühneuzeitliche kulturelle, kommerzielle und politische Übersetzer zwischen den osmanischen und europäischen Systemen waren. Darüber hinaus fungierten sie als Kulturübersetzer im lokalen Umfeld zwischen der jüdischen und der nicht-jüdischen Traditionen. Inspiriert von den Übersetzungs- und Kulturwissenschaften sowie globalen und postkolonialen Ansätzen verbindet das Projekt so Fragen der kulturellen Begegnung mit Transformationen im Bereich der wirtschaftlichen und politischen Modernisierung. Der Schwerpunkt liegt auf den verschiedenen kommerziellen Strategien, politischen Identitäten und bürokratischen Dokumenten der Camondos, durch welche die Studie ein Umfeld aufzeigt, in dem Übersetzungspraktiken unentbehrlich und allgegenwärtig geworden waren. Es sollen zwei Bereiche erforscht werden: erstens der trans-imperiale durch zusätzliche geografische Regionen, Handelskulturen und Strategien und zweitens der strukturelle durch die Beziehung zwischen Übersetzung und politischer Macht. Die Studie leistet somit einen wichtigen Beitrag zu den Methoden und Zielen der zweiten Phase des Schwerpunktprogramms. Das Projekt soll in einer aus fünf Kapiteln bestehenden Monografie resultieren. Die ersten beiden Kapitel werden bis zum Ende der ersten Phase abgeschlossen. Während das erste Kapitel die Familie Camondo als kulturelle und kommerzielle Vermittler im Istanbul des 18. Jahrhunderts vorstellt, wird im zweiten Kapitel das Exil der Camondos aus dem Osmanischen Reich in der habsburgischen Hafenstadt Triest im Jahr 1782 erörtert. Im dritten Kapitel soll auf die kommerziellen, finanziellen und sozialen Aktivitäten der Familie in Triest und Wien eingegangen werden. Im vierten Kapitel werden die Handelsnetze der Camondos in Frankreich, den Niederlanden und den deutschsprachigen Gebieten untersucht. Besonders hervorgehoben werden dabei die Übersetzung und Nutzung der verschiedenen Handelsregelungen, Währungen und Schuldscheine. Im fünften Kapitel wird die Rückkehr der Camondos nach Istanbul im frühen 19. Jahrhundert und die Rückübersetzung ihrer Erfahrungen und Kenntnisse aus dem habsburger in den osmanischen Kontext untersucht. Diese Betrachtung soll erschließen, wie die Camondos die Zeit des Umbruchs des osmanischen Finanzsystems durchlebten und schließlich zu dessen Veränderung beitrugen. Abschließend werden die Erfahrungen der Juden mit denen anderer Gruppen verglichen. Dabei soll die prekäre Situation der Kulturübersetzer als einflussreiche Vermittler sowie auch als Opfer der Ambivalenz ihrer rechtlichen und kulturellen Position zwischen dem Osmanischen Reich und Europa herausgearbeitet werden.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Teilprojekt zu
SPP 2130:
Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit