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Japans übersetzte Religion: Christentum, Transkulturalität und Übersetzungskulturen im 16./17. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 405033311
 
Das Vorhaben hat zum Ziel, einen religionswissenschaftlichen Beitrag zur Erforschung frühneuzeitlicher Übersetzungskulturen in einer Phase des regen transkulturellen Austauschs zwischen Europa und Ostasien, hier Japan, zu leisten. Das Projekt nimmt Dynamiken der Austauschprozesse zwischen katholischen Missionaren und Buddhist_innen im spätmittelalterlichen und frühmodernen Japan in den Blick. Aus der Begegnung von zwei gänzlich unterschiedlichen Übersetzungskulturen mit Beginn der Jesuitenmission (1549) entwickelten sich in Japan – und verflochten damit in Europa – neue Ansätze von Übersetzungs- und Sprachtheorie, die bisher jedoch wenig beachtet worden sind. Die Lesegewohnheit religiöser Texte in Japan hatte erheblichen Einfluss auf die Translation aus europäischen Sprachen, gerade bei Verwendung der japanischen Schrift. Die Aufarbeitung eines Fallbeispiels anhand primärer Quellen wie dem Contemptus mundi (1596; 1610) aus der japanischen Jesuitenpresse in religionswissenschaftlich-vergleichender Perspektive bezweckt eine Erweiterung daher auch im Feld aktueller Übersetzungstheorien.Das Projekt nimmt sich vor dem Hintergrund der radikalen Andersheit der Übersetzungskulturen Japans und Europas zweier Herausforderungen an: Der Erforschung (1) der sozialen Netzwerke der Akteur_innen und ihres mündlichen sowie textbasierten Transfers von umkämpften Wissensbeständen und damit direkt verbunden (2) der zeitgenössischen Auseinandersetzung mit den an den Übersetzungsprojekten beteiligten Sprachen (Chinesisch, Japanisch) und den komplexen ostasiatischen Schriftsystemen.Das Projekt untersucht also transkulturelles Übersetzungshandeln im Kulturkontakt zwischen Japan und Europa primär in den in Japan aktiven Netzwerken unter Einbeziehung des Engagements von cultural brokers. Dabei erörtert das Vorhaben besonders die religionswissenschaftlich relevante Problematik der Grenzziehung zwischen „christlich-religiösen“ und „säkularen“ Texten aus Europa, die während der Umsetzung des Christentumverbots in Japan von staatlichen Behörden formuliert wurde, um zwischen Erlaubtem und Verbotenem zu unterscheiden. Die Zensur bezog sich nicht nur auf die textlichen Erzeugnisse der jesuitischen Übersetzungsteams, sondern auch auf die Nutzbarmachung von nach Japan importierten Büchern in europäischen Sprachen. Das Streben nach neuem Wissen stand hier im Spannungsverhältnis mit den Vorgaben der Bürokratie und der ablehnenden Haltung des buddhistischen Klerus. Der Erforschung der zeitgenössischen Debatten um neue Impulse im Bereich der Wissensordnungen widmet sich das Projekt ebenso wie der Auseinandersetzung mit dem in Japan über Jahrhunderte entwickelten Übersetzungsmodus des kanbun kundoku, bei dem der Zieltext den Quelltext einschließt. Emische sprach- und übersetzungstheoretische Überlegungen in einer frühneuzeitlichen ostasiatischen Kultur bieten der Erforschung der Frühen Neuzeit in Europa und anderen, außereuropäischen Regionen insgesamt eine wichtige Vergleichsgröße.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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