Partizipation und Ungleichheit „beyond the state“. Eine explorative Studie zu den Teilhabechancen transnationaler zivilgesellschaftlicher Akteure am Beispiel der Weltwirtschaftsorganisationen
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Um die Jahrtausendwende kam es zu heftigen Protesten gegen die globalen Wirtschaftsinstitutionen. Als Reaktion darauf richteten die WTO, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) Dialogforen ein, um den Forderungen der Demonstrierenden nach Beteiligung, Transparenz und demokratischer Teilhabe nachzukommen. Während die bisherige Forschung zu zivilgesellschaftlichen Beteiligungsformaten in internationalen Institutionen, diese vornehmlich unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Legitimitätsgenerierung durch zivilgesellschaftliche Partizipation oder gar einer potenziellen Demokratisierung von Global Governance durch Deliberation betrachtet hat, haben wir Dialogforen im Zuge unseres Forschungsprojektes aus einer herrschaftskritischen Perspektive analysiert. Diese Perspektivverschiebung hat es uns ermöglicht, die in Dialogforen vorherrschenden Ungleichheiten im Sinne von Macht- und Statusasymmetrien nicht nur als Ausdruck eines fehlgeleiteten Versuchs der Legitimitätsgenerierung zu erfassen, sondern Dialogforen als Teil einer globalen Ordnungsbildung zu verstehen, in denen sich Herrschaftsverhältnisse aktualisieren und fortschreiben. So konnten wir zeigen, dass Dialogforen nicht nur das Versprechen der Demokratisierung nicht einlösen und demensprechend nicht zum Abbau von Herrschaftsstrukturen in der globalen Politik beitragen können, sondern diese unter gewissen Umständen fortschreiben. Im Anschluss an die Arbeiten Pierre Bourdieus verstehen wir Herrschaft hierbei als eine diskursive Praxis, die sich in der Fähigkeit internationaler Institutionen, Bedeutungen (Klassifizierungen, Kategorien, normative Standards) als legitim durchzusetzen, zeigt. In Dialogforen zeigt sich die Reproduktion von Herrschaftsverhältnissen dadurch, dass die beteiligten zivilgesellschaftlichen Akteure die in den Foren vorherrschenden Diskursbedingungen annehmen. Sie ist in dem Maße vorhanden, in dem zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Anliegen, Normen und Kategorien vorbringen können oder sich an den institutionellen Diskurs anpassen müssen, die Grenzen dieses diskursiven Raums also dadurch abgesteckt werden, dass sie mit dem übereinstimmen, was von den Institutionen anerkannt und als legitim wahrgenommen wird. Damit zeigt sich, dass Dialogforen nicht nur als reine Deliberations- und Austauschforen zu konzipieren sind, sondern dass in ihnen auch die Formulierung und Gestaltung von Diskursen der Globalen Governance (unter ungleichen Bedingungen) stattfindet.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Dialogue Forums as a Practice of Global Ordering, Workshop “Democracy and Practices of Global Order“, Humboldt-Universität zu Berlin, Juli 2022, Berlin
Christiane Cromm
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Reframing Civil Society Participation in Global Economic Governance: Dialogue Forums as a Practice of Social Ordering, Workshop „Spheres of Citizenship“, Centre Marc Bloch, Berlin, November 2022
Christiane Cromm & Christian Volk
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International Organizations Opening up for Civil Society: Between Participation and Cooptation, Jahrestagung der DVPW-Themengruppe Internationale Organisation (TGIO) „Internationale Organisationen in ihrer Umwelt: Wettbewerb, Synergie, Konflikt“, Jena, November 2023
Christiane Cromm & Melanie Coni-Zimmer
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Speaking the Right Language: Transnational Rule and Symbolic Power in Dialogue Forums. Global Society, 38(3), 388-411.
Cromm, Christiane
