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Gerichtetes Vergessen nach kurzen und langen Behaltensintervallen: Ein Test nichtinhibitorischer Erklärungsmodelle

Antragstellerin Dr. Magdalena Abel
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 405602145
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Auf empirischer Ebene konnte das Projekt durch das Erheben von Daten über längere Retentionsintervalle hinweg eine Lücke in der Literatur zu gerichtetem Vergessen schließen. Das Projekt lieferte dabei nicht nur mehrere konzeptuelle Replikationen zu gerichtetem Vergessen nach kurzen Behaltensintervallen, sondern zeigte vor allem, dass sich mehrere kritische Befundmuster aus der Literatur auch auf längere Behaltensintervalle verallgemeinern lassen. Auf theoretischer Ebene lassen die Befunde zudem wichtige Schlüsse über die kognitiven Mechanismen gerichteten Vergessens zu.Dezidiertes Ziel des Projekts war es, einen Test nicht-inhibitorischer Erklärungsmechanismen gerichteten Vergessens zu liefern. Tatsächlich legen die Daten nahe, dass weder die Kontextwechselhypothese noch die Hypothese selektiven Wiederholens als alleinige Erklärungen gerichteten Vergessens geeignet sind. Experiment 1 bestätigte in Konsistenz mit Abel und Bauml (2017), dass gerichtetes Vergessen im Vergleich zu kontextabhängigem Vergessen über die Zeit intakt bleibt, was Vorhersagen der Kontextwechselhypothese widerspricht. Ganz generell ist der in den vorliegenden Experimenten mehrfach aufgetretene Befund intakten gerichteten Vergessens nach längeren Behaltensintervallen nicht mit der Kontextwechselhypothese vereinbar. Die Experimente 2-5 testeten vornehmlich Vorhersagen auf Basis der Hypothese selektiven Wiederholens, auch hier waren die Daten jedoch allesamt inkonsistent mit diesen Vorhersagen. In Experiment 2 zeigte sich intaktes gerichtetes Vergessen nach längeren Behaltensintervallen nicht nur für intentionales, sondern auch für inzidentelles Lernen. In Experiment 3 zeigte sich, dass gerichtetes Vergessen sowohl nach kurzen als auch nach längeren Behaltensintervallen vom Lernen einer zweiten Liste abhängig ist. In Experiment 4 konnte langlebiges gerichtetes Vergessen nur mit stark fordernden Distraktoraufgaben während des Behaltensintervalls gefunden werden. In Experiment 5 wurde schließlich deutlich, dass gerichtetes Vergessen auch nach längeren Behaltensintervallen nicht im Rahmen von Rekognitionstests gefunden werden kann. All diese Befunde lassen den Schluss zu, dass selektives Wiederholen während längerer Retentionsintervalle nicht kritisch zur Aufrechterhaltung gerichteten Vergessens über die Zeit hinweg beiträgt. Die Daten des vorliegenden Forschungsprojekts legen damit nahe, dass weder die Kontextwechselhypothese noch die Hypothese selektiven Wiederholens als alleinige Erklärungen gerichteten Vergessens geeignet sind. Die Daten sind jedoch konsistent mit den Vorhersagen der Inhibitionshypothese - zumindest, wenn inhibitorische Effekte a priori als langlebig angenommen werden. Eine inhibitorische Erklärung gerichteten Vergessens würde unter dieser Annahme vorhersagen, dass sich typische Befundmuster gerichteten Vergessens nach kurzem Retentionsintervall uüber ein längeres Retentionsintervall hinweg nicht verändern sollten, was mit vielen der berichteten Befunde konsistent ist. Abschließend bleibt jedoch anzumerken, dass einzelne Datenpunkte (bspw. in Bezug auf die Art der Distraktoraufgabe während des Behaltensintervalls in Exp. 4, sowie die fehlende Replikation gerichteten Vergessens mit Bildmaterial in einem zusätzlich durchgeführten Experiment) auch mit der Inhibitionshypothese nicht ohne Weiteres zu vereinbaren sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019). List-method directed forgetting after prolonged retention interval: Further challenges to contemporary accounts. Journal of Memory and Language, 106, 18-28
    Abel, M. & Bäuml, K.-H. T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jml.2019.02.002)
 
 

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