Project Details
Projekt Print View

Light, Mirror, Perspective. Systematic and metaphoric Aspects of Expression in the Works of N. Cusanus, G. Bruno and G. W. Leibniz

Subject Area History of Philosophy
Term from 2018 to 2022
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 405977573
 
Final Report Year 2022

Final Report Abstract

Im allgemeinen Sinne lässt sich der Ausdruck als die Setzung in einer gesetzmäßigen Beziehung definieren. Der Ausdruck bezeichnet sowohl metaphysische Entsprechungen zwischen Objekten unterschiedlicher ontologischer Stufen (so ist beispielsweise das Universum ein Ausdruck Gottes), im Sinne der mimetischen Beziehung, als auch semantische Entsprechungen zwischen Elementen unterschiedlicher Sphären (so bildet eine Karte einen geeigneten Ausdruck für eine Stadt, ein Wort für einen Gedanken, ein Name für einen Gegenstand). Man sollte deshalb auch bedenken, wie der Ausdruck innerhalb jeder Sphäre funktioniert, in der jede partielle Definition des Ausdrucks angesiedelt ist, sowie welche Form die Ausdrucksbeziehung als solche annimmt. Das vorliegende Projekt hat sich dem Problem des Ausdrucks in mehrfacher Hinsicht auf neuartige Weise genähert: Zum einen hat sich das Projekt die historiographische Aufgabe gestellt, im Ausgang vom Leibniz’schen Ausdrucksbegriff, Vorläufer für den weiten Begriff des Ausdrucks im Rahmen der Werke von N. Cusanus und G. Bruno zu finden, eine Aufgabe, die in dieser Form, von wenigen Ausnahmen abgesehen, bisher nicht gestellt wurde. Darüber hinaus hat sich das Projekt die systematische Aufgabe gestellt, die Gebrauchsweisen des Ausdrucksbegriffs in den Bereichen Metaphysik, Mathematik und Kunst zu rekonstruieren (d.h. die Vorstellungen, die die untersuchten Autoren über Kunst haben bzw. die Anwendungen von durch Kunst inspirierten Mitteln in philosophischen Kontexten durch die untersuchten Autoren). Die Metaphern des Lichts, des Spiegels und der Perspektive dienten dabei als Leitfaden für die Spurensuche. Cusanus spricht von einer fortschreitenden Kontraktion der absoluten Einheit in das individuelle Ding, welche wiederum als ein Prozess der Explikation der komplizierten göttlichen Einheit verstanden werden kann. Ein ähnlicher Gedanke kann im Rahmen der Konzeption der Materie als Aspekt der unendlichen Substanz bei Giordano Bruno festgestellt werden, laut der sie nicht nur als passives, sondern ebenso als aktives Prinzip verstanden wird. Weil das Eine, Substanz oder Seiende alles ist, sind in ihm auch Akt und Potenz, Materie und Form undifferenziert eins. Erst in der Vervielfältigung der Einheit in der Vielheit resultiert die Differenz: So ist die Materie ein Aspekt der Einheit, die sowohl materiell und immateriell ist. Ebenso lässt sich das Leibniz’sche Universum als die Gesamtheit der Beziehungen zwischen allen (unendlich vielen) einzelnen Substanzen verstehen. Hiermit wird das Individuum vom letzten Erscheinungsgrad der absoluten Substanz zu einer Substanz selbst erhoben. Das Licht hat den Schatten als dialektischen Gegensatz, der sich notwendigerweise zusammen mit ihm ergibt. So fungieren Licht und Schatten als zwei Seiten desselben Elements, welches perspektivisch sich so oder so ergibt: Cusanus macht diese Entsprechung mit seiner figura paradigmatica deutlich, die mit der Durchdringung des Lichtes und Schattens im Bereich des Geschaffenen den neuplatonischen Gedanken einer durch die Selbstmitteilung des Einen resultierenden Abstufung des Seins darstellt und für seine eigene Metaphysik gewinnt und fruchtbar macht. Bruno übernimmt diesen metaphorischen Gebrauch und nutzt ihn sowohl im ontologischen als auch im erkenntnistheoretischen Sinn, als Metapher für die Ubiquität der unendlichen Substanz in ihren vielfältigen Seinsmodi sowie als Metapher für die Ausdruckskraft der Sprache. Auch Leibniz verwendet berühmterweise die Metapher des Lichtes, um seine epistemologische Ideen-Abstufungsskala zu veranschaulichen, die eine komplexe Klassifizierung der Qualität der Gedanken auf der Grundlage der kartesischen Differenzierung (Klar-Dunkel, Deutlich-Verworren) etabliert. Cusanus benutzt die Metapher des Spiegels um metaphysische sowie erkenntnistheoretische Instanzen zu verbildlichen. Metaphysisch belegt illustriert der Spiegel sowohl horizontale als auch vertikale Beziehungen: Der Spiegel beschreibt intra-trinitarische Bezugsformen zwischen den Personen Gottes, er stellt ebenso den Abbild-Bezug zwischen Gott und Schöpfung dar. Da durch die Metapher des Spiegels Entsprechungsformen zwischen Relata etabliert werden, so bildet sie bei den Werken des Cusanus ein Werkzeug, mit dem Ausdrucksverhältnisse expliziert werden. Bruno bezeichnet die Natur als Spiegel der Einheit: Da die äußere Natur die aktualisierte Unendlichkeit im Universum ist, lässt sie sich durch einen individuellen Geist in ihrer Ganzheit unmöglich erfassen. So kann das Individuum nur aus seiner perspektivischen Sicht begrenzt die Widerspiegelungen der Natur ergreifen. Es gibt also nicht nur einen Spiegel, sondern viele. Bekannt ist auch die Bezeichnung der unendlich vielen Monaden als Spiegel des Universums durch Leibniz, welche perspektivisch das Universum aus ihren jeweiligen Gesichtspunkten wahrnehmen. Für alle drei Autoren gilt, dass die Perspektivierung der Wahrnehmung des Individuums keine Einschränkung des wahrzunehmenden Bereichs konstituiert, sondern vielmehr eine Einschränkung des Modus der Wahrnehmung selbst. Die Analyse der Ausdrucksformen in der metaphysischen und künstlerischen/geometrischen Dimension sowie ihrer Verbindungen führt zu Problemen von größerer metaphysischer Tragweite, wie der Frage nach der Gleichwertigkeit zwischen der individuellen Substanz oder Monade, dem Punkt und dem physikalischen Atom, ein Problem, das den aktuellen Debatten über die Natur der Realität entspricht. Eine weitere mögliche Folgeuntersuchung bildet die durch das Projekt geöffnete Aufgabe, eine geeignete logische Sprache zu finden, um die negative Theologie auszudrücken. So verstanden könnte die Analyse des Ausdrucks einen Beitrag aus der Geschichte der Philosophie zu aktuellen Problemen der Metaphysik leisten. Die Analyse der Metaphern des Spiegels, des Lichts und der Perspektive sind nützliche Mittel, um das Problem des Ausdrucks bei den drei untersuchten Autoren zu rekonstruieren. Sie zeigen ebenso eine deutliche Einschränkung der Sphären der Mathematik und der Metaphysik und damit, warum es sinnvoll ist, mit einer inter-disziplinären Blick Autoren der Geschichte der Philosophie zu behandeln.

Publications

  • „El individuo como expresión del universo" [Das Individuum als Ausdruck des Universums]. In: Casales, R.; Velasco, L.A.; Reyes-Cardenas, P. (Hrsg.): La actualidad de Leibniz. Alcances y perspectivas sobre la obra filosófica y científica de Leibniz. Comares: Granada, S. 3-24
    Herrera Castillo, L. E.
  • La exigencia del cuerpo. Perspectivas sobre la expresión. Logos. Anales del Seminario de Metafísica, 54(2), 297-311.
    Herrera, Castillo Laura
  • „Einheit, Andersheit und Perspektive bei Nicolaus Cusanus". In: Thein, C./Mesch, W./Städtler, M. (Hrsg.): Einheit und Vielheit metaphysischen Denkens, Felix Meiner: Hamburg, S. 73-91
    Herrera Castillo, L. E.
  • „La princesa Carolina de Ansbach y la polémica entre Leibniz y Clarke". In: De Castelho, Vivianne/Esquisabel, O. (Hgg.): Las filósofas y Leibniz, Buenos Aires
    Herrera Castillo, L. E.
  • „What is the History of Philosophy for?" In: Debuiche, V. (Hrsg.): La philosophie inutile, Marseille
    Herrera Castillo, L. E.
 
 

Additional Information

Textvergrößerung und Kontrastanpassung