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Atmungs-induzierte Hirnoszillationen während emotionalen Verhaltens
Antragsteller
Dr. Jonas-Frederic Sauer
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 407164792
Die Atmung bedingt rhythmische Oszillationen im lokalen elektrischen Feld des Gehirns. Solche atmungsgetriebenen Oszillationen (AO) sind bereits länger in Hirnregionen, die der Verarbeitung von Riechinformationen dienen, bekannt. Allerdings konnten neuere Studien inklusive unserer eigenen zeigen, dass auch Hirnregionen, die höhere kognitive Funktionen und Emotionen vermitteln, AO aufweisen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie deckten wir auf, dass mit der Nasenatmung koherente AO im Präfrontalkortex (PK) wacher Mäuse auftreten. Interessanterweise sind diese AO besonders stark, wenn sich das Tier in einem negativen emotionalen Zustand der Verzweiflung oder Angst befindet, wie unsere vorläufigen Messungen zeigen. Diese emotionalen Zustände können verlässlich in Mäusen ausgelöst werden. Verzweiflung wird in einem “tail suspension test” erzeugt, in dem das Tier versucht, aus einer ihm unangenehmen Situation zu entkommen. Immer wieder reihen sich aber auch Zeitphasen ein, in denen die Maus bewegungslos verharrt, also gewissermaßen aufgibt. Genau diese Abschnitte werden als ein Ausdruck der Verzweiflung interpretiert, da Antidepressiva, die Gefühle der Verzweiflung beim Menschen reduzieren, die bewegungslosen Phasen verkürzen. Angst hingegen kann in Mäusen in Umgebungen ausgelöst werden, in denen das Tier zuvor milde Elektroschocks erfahren hat. Unsere Ergebnisse der starken AO während genau dieser Phasen negativer Emotionalität legen nahe, dass AO möglicherweise mit der neuronalen Verarbeitung solcher Emotionen zusammenhängen. Wir konnten weiter zeigen, dass AO auch in anderen Hirnregionen, die mit dem Ausdruck von Verzweiflung auf dem Verhaltenslevel zu tun haben, auftreten. Schließlich zeigen unsere vorläufigen Messungen, dass Aktionspotentiale einzelner Neurone im PK und in nachgeschalteten Hirnregionen bevorzugt in einer bestimmten Phase der AO, nämlich dem aufsteigenden Anteil, auftreten. Zusammen legen diese Befunde die Hypothese nahe, dass AO am Ausdruck negativer Emotionen mitwirkt, indem es die neuronale Aktivität weitläufiger Hirnareale synchronisiert. In dem hier beantragten Projekt wollen wir diese Hypothese mittels in vivo elektrophysiologischer und optogenetischer Methoden am wachen Tier untersuchen. Wir werden (1) die Kopplung der Aktionspotentiale einzelner Neurone an AO charakterisieren, und zwar insbesondere während Zuständen der Verzweiflung und Angst, (2) den Einfluss von AO auf den Ausdruck von Verzweiflung untersuchen, und zwar in Hirnregionen, die an der Realisierung von Verzweiflung beteiligt sind, und (3) testen, ob neuronale Aktivität in der aufsteigenden Phase der AO kausal für den Ausdruck der Verzweiflung verantwortlich ist. Mit diesem Ansatz werden wir fundamentale Erkenntnisse über den Einfluss der Atmung auf die Verarbeitung von Emotionen erhalten, was auch im Hinblick auf die hohe medizinischen Relevanz affektiver Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen eine große gesellschaftliche Bedeutung besitzt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen