Die Billunger: Reichs- und landesgeschichtliche Vernetzungen und dynastisches Fortleben im 12. Jahrhundert
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Spricht man heutzutage von den Billungern, so ist damit die sächsische Adelsfamilie gemeint, die seit dem 10. Jahrhundert in insgesamt fünf Generationen in ununterbrochener Folge die Herzöge in Sachsen stellte. Damit handelt es sich bei den Billungern um die einzige Herzogsfamilie ihrer Zeit, die eine solche dynastische Kontinuität für sich verbuchen konnte. Doch obgleich die Billunger damit zu einer der stabilsten und einflussreichsten Adelsfamilien ihrer Zeit zählen, standen sie in der mediävistischen Forschung lange Zeit nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Das hat zur Folge, dass der Forschungsstand zu den Billungern trotz zahlreicher Einzelstudien im Wesentlichen bis heute von drei Dissertationen der 1950er Jahren beeinflusst wird.1 Die drei älteren Studien bieten zwar bereits umfassende Befunde zur Dynastie der Billunger, konzentrieren sich dabei jedoch hauptsächlich auf die agnatischen Bezüge der sächsischen Adelsfamilie und lassen ihre Rolle im ausgehenden 11. Jahrhundert sowie ihre kognatischen Verwandtschaftsverhältnisse im 12. Jahrhundert weitgehend unberücksichtigt. Hinzu kommt, dass diese Werke in starkem Maße von der Forschung des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts beeinflusst wurden, eine methodisch konservative Herangehensweise aufweisen und das herangezogene Quellenmaterial keine hinreichende quellenkritische Betrachtung erfahren hat. Das DFG-Projekt nahm sich zum Ziel, den forschungsgeschichtlichen Ballast der Billungerforschung zu überwinden und die damit einhergehende Eindimensionalität der Geschichte der Billunger durch eine umfassende Neubewertung ihrer Herrschaft zu ersetzen. Für die Geschichte der Billunger bedeutete das eine grundsätzliche Neusichtung und Erweiterung des vorhandenen Quellenmaterials in Verbindung mit einer Neubewertung ihrer Herrschaft. Einen ersten Schritt in diese Richtung stellte eine im Rahmen des DFG-Projektes im September 2021 in Ratzeburg durchgeführte Wissenschaftliche Tagung dar. Neben neuen Erkenntnissen brachten die Beiträge dieser Tagung den revisionsbedürftigen Stand der Forschung zu den billungischen Herzögen umso deutlicher hervor und unterstrichen die Notwendigkeit einer umfassenden und vor allem zeitgemäßen Gesamtdarstellung. Vor diesem Hintergrund entsteht im Rahmen des DFG-Projektes unter der Betreuung von Herrn Florian Hartmann eine methodisch zeitgemäße Monographie zu den Billungern, die das Agieren der billungischen Herzöge in Sachsen und nordöstlich der Elbe umfassend aufarbeitet und vor dem Hintergrund aktueller Forschungstendenzen der Adels- und Elitenforschung zu untersucht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Adliges Agieren im Kontext. Albrecht der Bär († 1170), Heinrich der Löwe († 1195) und Wichmann von Magdeburg († 1192), in: Albrecht der Bär, Ballenstedt und die Anfänge Anhalts, hg. v. Stephan Freund, Gabriele Köster (Schriftenreihe des Zentrums für Mittelalterausstellungen Magdeburg 6), Regensburg 2020, S. 81–101.
Florian Hartmann
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Westfalen – ein „Hinterland“ der Billunger in salischer Zeit? , in: Westfalen in der Salierzeit. Neue Forschungen zur Geschichte einer herrscherfernen Region im römisch-deutschen Reich, hg. v. Stefan Pätzold, Felicitas Schmieder (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen. Neue Folge 49), Münster 2020, S. 99– 113.
Florian Hartmann
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Burgen in Hamburg. Eine Spurensuche (Veröffentlichung des Archäologischen Museums Hamburg und Stadtmuseums Harburg Nr. 115), Hamburg / Kiel 2021.
Rainer-Maria Weiss
