Detailseite
Projekt Druckansicht

FOR 2932:  Polyzentrik und Pluralität vormoderner Christentümer

Fachliche Zuordnung Geisteswissenschaften
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 409663162
 
Die Kolleg-Forschungsgruppe (KFG) will mit der Polyzentrik und Pluralität vormoderner Christentümer ein Phänomen ergründen, das für die Geschichte vom 7. - 18. Jahrhundert im globalen Maßstab von Bedeutung ist. Dieses Vorhaben reicht weit über den religiös-kirchlichen Rahmen hinaus: Die vormodernen Christentümer brachten als Institution die Kirchen hervor, die grundlegende Vorstellungen zur Ordnung der Welt entwickelten und Prozesse der Institutionenbildung prägten. Durch Transfer- und Austauschprozesse trugen sie maßgeblich dazu bei, die verschiedenen Regionen Europas und der Welt miteinander zu vernetzen. Die Christentümer sind zugleich in ihrer Genese nicht ohne die institutionellen und dogmatischen Abgrenzungen sowohl intern als auch von anderen, konkurrierenden Traditionen zu denken. Die historische Analyse vormoderner Christentümer erfordert daher deren umfassende Kontextualisierung ebenso wie den Blick auf interreligiöses Entanglement. Zugleich eröffnet die Frage nach den vielfältigen, sich verschiebenden, immer neue Konstellationen ausbildenden Christentümern einen Zugang zur Geschichte der globalen Verflechtung.Die empirischen historischen Kenntisse zur Geschichte der Christen wurden in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche Einzelstudien geradezu revolutioniert. Doch noch fehlen Ansätze, die die Pluralität, die Polyzentrik und die Perspektivenabhängigkeit von Zugehörigkeiten und Ordnungen systematisch erfassen und in ihrer historischen Komplexität abbilden. Dies soll in der KFG gelingen. Voraussetzung hierfür ist die Abkehr von essentialistischen Kategorien, denen die Behauptung dogmatischer Wahrheit, die Kirchenorganisation oder gar die Grenzziehungen moderner Staaten zu Grunde liegen. Stattdessen verstehen wir Christentümer als Interaktionsgemeinschaften, die sich auf Jesus Christus beziehen und durch Interaktion innere Kohärenz sowie äußere Grenzen erzeugen. Wo sich Interaktion verdichtet, bilden sich Zentren, wo sie ausdünnt, entstehen Grenzen. Was jeweils mit dem Begriff Christentümer gefasst wird, ist daher fluide und perspektivenabhängig.So streben wir eine dreifache Dezentrierung der Forschung an: Methodisch wollen wir die Perspektive der AkteurInnen den teleologischen Narrativen in der Geschichte der Christentümer entgegensetzen. In geographischer Hinsicht gilt es, die eurozentrische Perspektive zu überwinden. Inhaltlich soll die für HistorikerInnen unbrauchbare Übernahme dogmatischer Bewertungen, die nicht-europäische oder nichtlateinische Kirchenorganisationen und theologische Traditionen als „Abspaltung“ betrachtet, aufgebrochen werden.Um diesen Zugriff konzeptionell und empirisch zu verwirklichen, müssen disziplinäre Trennungen überwunden und Begriffe überprüft werden. Hierfür gilt es, Forschungsstand und -ansätze zur mittelalterlichen lateinischen Kirchen- und Christengeschichte, zur Geschichte von Reformation und Papsttum sowie zu den orthodoxen und altorientalischen Kirchenfamilien der Vormoderne zusammenzuführen.
DFG-Verfahren Kolleg-Forschungsgruppen

Projekte

Teilprojektleiterin Professorin Dr. Dorothea Weltecke
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung