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Fremdheit und monarchische Herrschaft im Ersten Weltkrieg: Eine Krise der transnationalen Monarchie, 1914-1927
Antragsteller
Professor Dr. Jörn Leonhard
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2018 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 410402546
Das Projekt untersucht das Phänomen fremdstämmiger Monarchen und Konsortinnen im Zeitalter des Nationalismus. Während nationale Ideen im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung gewannen, erhöhte sich gleichzeitig die Transnationalität der europäischen Monarchien. Die Errichtung neuer Monarchien unter fremden Prinzen in neugegründeten Nationalstaaten sowie die Intensivierung transnationaler Heiratspraktiken des europäischen Hochadels machte das 19. Jahrhundert zu einer Hochphase monarchischer Fremdheit. Dabei liefert das Projekt eine systematische Analyse fremdmonarchischer Herrschaften und transnationaler Heiratspraktiken und untersucht in einer Detailanalyse die Auswirkungen des Ersten Weltkrieg als Krisenzeit der transnationalen Monarchie und Hochphase xenophober Hysterie auf diese Komplexe. Ausgehend von einem Vergleich der beiden Hauptfallstudien Rumänien und Belgien bezieht das Projekt zahlreiche weitere Fallbeispiele in asymmetrischen Vergleichen mit ein und zeichnet dadurch ein europäisches Panorama von Wahrnehmungen und Diskursen monarchischer Fremdheit vom 19. Jahrhundert bis in die Zwischenkriegszeit hinein. Das Spannungsverhältnis zwischen der Transnationalität und der Nationalisierung der Monarchie war ein charakteristisches Element der europäischen Monarchie im 19. Jahrhundert, das mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs einen neuen Grad der Problematisierung erreichte. Die Verbreitung aggressiver Kriegsnationalismen und die Verschärfung nationaler Zugehörigkeitskriterien forderte die bisher gültigen Legitimationsstrategien der Monarchie heraus und zwang fremdnationale Monarchen und Konsortinnen dazu, ihr Verhältnis zu ihrem Herkunftsland aber auch der Nation ihrer Herrschaftsgesellschaft öffentlich und privat neu zu definieren. Das Projekt untersucht Verdächtigungen, neu entwickelte Rechtfertigungsstrategien sowie die politische Instrumentalisierung der fremden Herkunft fremdstämmiger Monarchen und Konsortinnen und durchleuchtet die Einflüsse der Kriegserfahrungen auf die Wahrnehmung monarchischer Fremdheit. Durch eine multiperspektivische Analyse des internationalen Diskurses um fremdmonarchische Herrschaften und monarchische Familiennetzwerke zeigt das Projekt einerseits die Bedeutung monarchischer Fremdheit in politischen Prozessen auf und erklärt andererseits welchen Einfluss das Konzept der Fremdmonarchie bei der Neuordnung der Welt nach dem Ende des Ersten Weltkriegs übte. Mit Blick auf die Zwischenkriegszeit wird deutlich gemacht, dass monarchische Fremdheit und Transnationalität auch nach 1918 eine Rolle in der nationalen und internationalen Politik spielten. Durch die wissenschaftliche Aufarbeitung des Komplexes von Fremdheit und monarchischer Herrschaft leistet das Projekt einen grundlegen Beitrag zur vergleichenden Monarchieforschung und bietet neuartige Forschungsperspektiven zu Themenbereichen wie Nationalismus, Imperialismus und Demokratisierung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen