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"Denn Deine Sprache verrät Dich..." - Sprache und Konfession 500 Jahre nach der Reformation

Antragstellerin Dr. Anna-Maria Balbach
Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 410899976
 
Das Christentum hat die deutsche Sprache Jahrhunderte lang stark beeinflusst (LASCH/LIEBERT 2017). Die jüngste Frühe Neuzeitforschung konnte zeigen, dass die Reformation und die anschließende Etablierung verschiedener Konfessionen auf besondere Weise auf das Deutsche gewirkt hat. Katholiken lehnten den Gebrauch des Ostmitteldeutschen, der Sprache Luthers und seiner Bibelübersetzung, als ‚häretisch‘ ab (BREUER 2012). Sie wandten sich dafür mehr und mehr dem Ostoberdeutschen zu, der Sprache des überwiegend katholischen Südens des deutschen Reichs, auch wenn sie gar nicht in dieser Sprachregion lebten. Dieses Verhalten führte zu bestimmten katholischen und evangelischen Sprachgebrauchsdifferenzen auf lexikalischer, syntaktischer und textstruktureller Ebene, die sich mindestens bis ins späte 18. Jahrhundert nachweisen lassen (MACHA 2014, BALBACH 2014). Doch was ist aus diesen Sprachdifferenzen geworden? Untersuchungen zur Pluralität heutiger sprachlicher Ausdrucksformen haben Konfession als möglichen sprachlichen Variationsfaktor noch kaum berücksichtigt und für die Gegenwartssprache ist daher eine große Forschungslücke zu konstatieren. Eine Umfrage in 2014 an der Universität Münster hat Hinweise darauf gefunden, dass sich auch in modernen katholischen und evangelischen Texten noch immer konfessionsspezifischer Wortgebrauch und differierende Textstrukturierungen zeigen. Linguistisch Untersuchungen dazu gibt es noch nicht. Ziel dieses Projekts ist es daher, Texte der öffentlichen Glaubensverkündigung im Radio auf verschiedenen sprachlichen Ebenen mittels eines Mixed-Methods-Ansatzes aus quantitativen und qualitativen Verfahren von der Themenwahl, der Textstruktur über die Syntax und Wortbildung bis hin zur Lexik zu analysieren und herauszufinden, ob auch heute noch – 500 Jahre nach der Reformation – konfessionelle Sprachgebrauchsdifferenzen festzustellen sind. Eine Vorstudie an einem Korpus von Radiopredigten des Jugendsenders 1live (WDR) deutet darauf hin, dass heutige konfessionelle Sprachgebrauchsdifferenzen vor allem auf lexikalischer Ebene realisiert werden. Quantitative Analysen zeigen Unterschiede im Wortschatz katholischer und protestantischer Radioverkündigungen. Hochfrequente Wörter in katholischen Texten treten nur selten in evangelischen Texten auf, und umgekehrt. Eine Kollokationsanalyse (BUBENHOFER/SCHARLOTH 2015) des Wortes „Gott“ belegt, dass Gott im katholischen Korpus häufig zusammen mit anderen religiösen Nomen auftritt, während es im evangelischen Korpus mit Verben, die Gott in die Rolle des Agens setzen, kookkurriert. Darüber hinaus kann die Vorstudie zeigen, dass sich die Radioverkündigungen auch thematisch unterscheiden. Zusammengenommen deuten die Ergebnisse an, dass die Radioverkündigungen konfessionsspezifisch gestaltet sind. Unter Einbeziehung aktueller soziolinguistischer Theorien ist daher zu diskutiert, ob die sprachlichen Unterschiede zu einem je konfessionsspezifischen Stil (Auer 2012) führen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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