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Die soziale Nachjustierung des erweiterten Binnenmarkts

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 412341949
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Gesamtziel des Projekts - eine Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler:innen der Universitäten Salzburg und Bremen gefördert unter dem DACH-Programm - war die Beantwortung der Frage, wie ausgewogen wirtschaftliche Freiheiten und sozialer Schutz im EU-Binnenmarkt seit der Osterweiterung im Jahr 2004 sind. Dies geschah in umfassender und zugleich fokussierter Weise: (i) umfassend, da nicht nur die Umsetzung des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten, sondern auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und die Verwaltungspraxis der Mitgliedstaaten sowie deren Wechselwirkungen berücksichtigt wurden. Das Projekt war (ii) fokussiert, da es sich auf drei spezifische Formen der Arbeitsmobilität konzentrierte, die mit prekären Arbeitsbedingungen einhergehen: atypische Beschäftigung, Solo-Selbstständigkeit und Arbeitnehmerentsendung. Untersucht wurden schließlich Deutschland, Österreich, Polen und Slowenien. Covid-bedingt wurde von der geplanten Untersuchung Frankreichs Abstand genommen. Das Projekt leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschungsfelder EU-Integration, Europäisierung und Arbeitsmobilität insbesondere im Hinblick auf transnationale Arbeits- und Sozialrechte von Arbeitnehmenden. Darüber hinaus tragen die verschiedenen Publikationen des Projekts zu verschiedenen weiteren Forschungssträngen bei, beispielsweise zu den Bereichen Verwaltungskooperation, politische Ökonomie oder Wohlfahrtschauvinismus. Hinsichtlich des Zusammenspiels von EuGH-Rechtsprechung und EU-Gesetzgebung bestätigte das Projekt die Erwartung, dass die legislative Ausrichtung der EU zwischen den wirtschaftlichen Freiheiten der EU und dem sozialen Schutz mittlerweile zwar teilweise gefördert, aber immer noch durch die Auslegung des EU-Vertragsrechts durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) stark eingeschränkt wird. Insgesamt versuchen mittlerweile zwar sowohl die EU-Gesetzgebung als auch die Rechtsprechung des EuGH soziale und wirtschaftliche Zielsetzungen (wieder) besser ins Gleichgewicht zu bringen, in der Praxis sind soziale Ziele aber in ihrer administrativen Umsetzung sehr viel voraussetzungsvoller als die wirtschaftlichen Freiheiten. Das Projekt bestätigt so die strukturelle Benachteiligung der transnationalen Arbeit gegenüber dem transnationalen Kapital. Die Mitgliedstaaten haben zwar Handlungsspielraum, um diese Benachteiligung einzudämmen und Schlupflöcher zu schließen, die Unternehmen zur Ausbeutung von Arbeitskräften nutzen können, wie die jüngste deutsche Reform im Fleischsektor zeigt – aber die Bedingungen für solche Reformen sind sehr anspruchsvoll. Insbesondere die Sozial- und Arbeitsvorschriften der EU sind sehr komplex, und noch schwieriger ist ihre (transnationale) Durchsetzung in grenzüberschreitenden Kontexten. Vor allem der isolierte Charakter der Arbeit von mobilen Arbeitskräften und die damit verbundenen mangelnden Kapazitäten verschiedener Durchsetzungsakteure (sowohl der Gewerkschaften als auch der Kontrollbehörden) führen dazu, dass die Rechte der mobilen Arbeitnehmer:innen oft nicht durchgesetzt werden. Nicht nur sind die Beschäftigten mit Schwierigkeiten im Zusammenhang mit prekärer und ausbeuterischer Arbeit konfrontiert, sondern auch z. B. beim Zugang zu Sozialleistungen. Das Projekt stellt daher einen Bedarf an weiteren Forschungen zur Multi-Prekarität der mobilen Arbeit fest.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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