Catch- und Slip-Bindungen von Aktinvernetzermolekülen in lebenden Zellen - ein neuer Zugang zum Verständnis der mechanischen Eigenschaften des Zytoskeletts
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In tierischen Zellen setzt sich das Protein Aktin zu einem Biopolymer-Netzwerk zusammen und webt so einen wesentlichen Stoff des Lebens - das Aktin-Zytoskelett. Der Aktinkortex ist eine dünne Schicht aus miteinander verflochtenen Aktinfilamenten, die sich unter der Plasmamembran der Zelle befindet. Diese kortikale Schicht fungiert als dynamischer Schutzschild für eine Zelle und reguliert die Zellform. Diese einzigartige Struktur muss einerseits flexibel genug zu sein, um Veränderungen in der kortikalen Form und Zusammensetzung auf kurzen Zeitskalen zu ermöglichen, und andererseits robust genug, um einen Zellbruch oder eine mechanische Beschädigung zu verhindern. Bis vor unserem Projekt waren die Mechanismen, die die Reaktion des Aktinkortex auf mechanischen Stress steuern, ein Rätsel. Innerhalb des Aktinzytoskeletts werden Aktinfilamente durch die vorübergehende Bindung aktiver und passiver Vernetzerproteine vernetzt. Durch diese Vernetzung wird das Aktin-Zytoskelett mechanisch erheblich gestärkt. Dementsprechend haben sich Aktin-Vernetzer als essentiell für biologische Funktionen erwiesen. In diesem Projekt haben wir eine umfassende Untersuchung der Zusammensetzung und Dynamik des Kortex bei induzierten Veränderungen der aktiven und passiven deformationsinduzierten Spannung durchgeführt. Spannungsänderungen wurden entweder herbeigeführt i) durch Quetschen der Zelle mit dem Cantilever eines Rasterkraftmikroskops, was zu passiven mechanischen Spannungsspitzen führte, oder ii) durch chemische Manipulation der Myosinmotoraktivität. Wir haben uns auf die mechanosensitive Reaktion der strukturellen Proteine f-Actin und Myosin II sowie der Cross-Linker- Proteine a-Actinin und Filamin konzentriert. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Kortex eine zweifache mechanosensitive Reaktion zeigt: i) eine kurzfristige direkte Mechanosensitivität des Aktin-Kortex, vermittelt durch ein Catch- Bond-Verhalten der passiven Cross-Linker-Proteine, und ii) eine indirekte Mechanosensitivität des Kortex, die eine langfristige Verstärkung des Kortex durch erhöhte Aktinpolymerisation auslöst, insbesondere nach Myosinaktivierung. Unsere Ergebnisse liefern eine Erklärung dafür, wie der Aktinkortex in Gegenwart hoher mechanischer Spannungen strukturell intakt bleiben kann und gleichzeitig einen schnellen molekularen Umsatz und eine molekulare Anpassungsfähigkeit beibehält. Wir kommen zu dem Schluss, dass der Aktinkortex bei mechanischer Belastung seine strukturelle Integrität durch die Bildung zusätzlicher Aktinfilamente und Vernetzungsmoleküle verbessert. Wir haben diesen Mechanismus "molekularer Sicherheitsgurt-Mechanismus" für Zellen getauft, da sich der Aktinkortex als Reaktion auf mechanische Spannung ähnlich wie der Sicherheitsgurt in einem Auto festigt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Binding Dynamics of α-Actinin-4 in Dependence ofActin Cortex Tension. Biophysical Journal, 119(6), 1091-1107.
Hosseini, Kamran; Sbosny, Leon; Poser, Ina & Fischer-Friedrich, Elisabeth
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Twofold Mechanosensitivity Ensures Actin Cortex Reinforcement upon Peaks in Mechanical Tension. Advanced Physics Research, 2(12).
Ruffine, Valentin; Hartmann, Andreas; Frenzel, Annika; Schlierf, Michael & Fischer‐Friedrich, Elisabeth
