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Persönliche Erfahrungen und Sparverhalten
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professorin Sibylle Lehmann-Hasemeyer, Ph.D.; Professor Dr. Jochen Streb
Fachliche Zuordnung
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 415230336
Ähnlich wie individuelle Kaufentscheidungen Informationen über die zugrundeliegenden Präferenzen enthüllen, die direkt nicht zu beobachten sind, vermittelt das beobachtete Sparverhalten von Haushalten Informationen über deren Erwartungen über zukünftige Ereignisse. Die Spartätigkeit eines Haushalts mag beispielsweise zunehmen, wenn er hohe Ausgaben in der Zukunft erwartet (Hausbau, Ausbildung Kinder) oder sich gegen negative Schocks (Krankheit, Arbeitslosigkeit) absichern möchte. Ein Rückgang der Spartätigkeit ist unter anderem zu erwarten, wenn der Sparer auf Grundlage neuer Informationen befürchten muss, dass seine Einlagen durch ökonomische oder politische Krisen (Inflation, Staatsbankrott, Krieg, Enteignung durch Unrechtsstaat) bedroht werden. Anreize weniger zu sparen entstehen aber auch dann, wenn der Staat dem Haushalt höhere staatliche Transferleistungen (z.B. Renten, Arbeitslosenunterstützung) in Aussicht stellt. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, auf Grundlage welcher Informationen die Sparer zu ihren pessimistischen oder optimistischen Erwartungen gelangen. Die Auswahl und Aufbereitung bestimmter Informationen durch die Medien werden hier ebenso eine Rolle spielen wie unmittelbare ökonomische Signale wie etwa die Veränderung der Realzinsen. Aufbauend auf den Arbeiten von Malmendier und Nagel vermuten wir, dass es ganz maßgeblich auch von den persönlichen Erfahrungen eines Sparers abhängt, welche Erwartungen er bildet und Entscheidungen er trifft. Beispielsweise ist zu vermuten, dass Haushalte, die in der Vergangenheit unter einer hohen Inflation gelitten haben, ein vorsichtigeres Sparverhalten zeigen als „unerfahrene“ Neusparer. Wir planen in diesem Projekt, das Sparverhalten deutscher Haushalte zwischen 1871 und 1970 zu untersuchen. Diese Periode enthält ökonomische und politische Krisen, welche das Sparverhalten der Individuen nachhaltig beeinflusst haben sollten. Man denke beispielsweise an Gründerboom und –krise, Ersten Weltkrieg, Inflation von 1923, Weltwirtschaftskrise mit Bankenkrise, Zweiter Weltkrieg und Währungsreform von 1948. Als Datenquellen nutzen wir die in großer Zahl überlieferten Sparbücher und Hauptbücher von Sparkassen, Haushaltsbücher und Ego-Dokumente.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme