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Die neuronale Basis von Budget-Effekten bei Kosten-Nutzenbasierten Entscheidungen bei Nagern und Menschen
Antragsteller
Professor Tobias Kalenscher, Ph.D., seit 6/2022
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung
Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 417910727
Empirische Studien werden in der Verhaltensökonomie hauptsächlich im Feld und an menschlichen Teilnehmern durchgeführt. Trotz des Voranschreitens der Neuroökonomie wissen wir noch ziemlich wenig über die Neurowissenschaft ökonomischer Entscheidungen. Neuere Studien weisen jedoch darauf hin, dass die ökonomische Theorie auch im Kontext tierneurowissenschaftlicher Entscheidungsforschung anwendbar ist. Hierbei geht es nicht nur darum, ökonomische Prinzipien zu untermauern; das Tiermodell bietet die Möglichkeit, diese Mechanismen neurobiologisch zu verstehen. Bislang wurden in unserem Labor eine Reihe von Läsionsexperimenten durchgeführt, die dazu dienten, das Verhalten von Ratten im Setting von Angebot-und-Nachfrage-basierten Entscheidungen zu untersuchen. Die Tiere lernten, ihren eigenen Aufwand gegen Belohnungen zu „tauschen“. Die Anzahl der nose-pokes diente hierbei als Währung. Tatsächlich verringerte sich die Anzahl der investierten nose-pokes sobald der "Preis" für die präferierte Futteroption erhöht wurde – die Nachfrage ist also elastisch. Wenn jedoch gleichzeitig das Budget der Tiere – also die Anzahl der zur Verfügung stehenden nose-pokes - erhöht wurde, blieb das Konsumverhalten der Tiere gleich. Die Tiere evaluieren Kosten also scheinbar nicht nur auf Basis des absoluten Wertes, sondern auch ihrer eigenen Kaufkraft. Auch konnten wir zeigen, dass sich Elastizitätseffekte durch eine Läsion des anterioren zingulären Kortex (ACC) verringern lassen. Der ACC scheint also eine essentielle Rolle bei der Integration und Komputation von Kosten und Nutzen zu spielen. Zur gleichen Zeit ist es uns gelungen, ein ähnliches Paradigma für Menschen zu entwerfen. Es hat sich gezeigt, dass auch hier die Manipulation des Budgets und der Kosten eine Auswirkung auf das Konsumverhalten hat. Hierbei bleibt jedoch noch ungeklärt, a.) wie die kostenabhängige Belohnungsevaluation in ACC-Netzwerken repräsentiert wird, b.) ob die zugrundeliegenden Prozesse bei unterschiedlichen Spezies ähnlich sind, und c.) inwiefern sich die neuronalen Prozesse bei Budget- und Preisevaluation von denen unterscheiden, die Zeitverzögerung kodieren – einer weiteren wichtigen Komponente bei ökonomischen Entscheidungen. Zur Untersuchung schlagen wir zwei komparativ-neurowissenschaftliche Experimente vor. Zunächst soll mit elektrophysiologischen Tetroden-Ableitungen im ACC der Ratte untersucht werden, ob die Budgetentscheidungen mit typischen neuronalen Exzitationsmustern einhergehen. In einer zweiten Studie wird die Humanvariante des Paradigmas evaluiert und validiert, sodass zukünftig Interspeziesvergleiche möglich werden – sowohl auf behavioraler, als auch auf neurowissenschaftlicher Ebene. Unsere Vorhaben würden Aufschluss darüber geben, welche Prozesse an Kosten-Nutzen-Evaluationen in budget-restringierten Situationen bei Mensch und Tier beteiligt sind. Unser Verständnis über die Anwendbarkeit ökonomischer Nachfragetheorie würde einen großen Schritt nach vorne gebracht werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Ehemalige Antragstellerin
Dr. Yue Hu, bis 6/2022