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Ähnlich und doch anders: Vergleichende Neuroanatomie der chemo- und mechanosensorischen Systeme beim Kammorgan der Skorpione

Antragsteller Dr. Torben Stemme
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 418446511
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Sinneswahrnehmungen sind für Navigation, Überleben und Reproduktion der meisten Tiere von entscheidender Bedeutung. Während Insekten, Krebstiere und Myriapoden chemosensorische Anhänge am zweiten Kopfsegment aufweisen, evolvierten Vertreter des verbliebenen Arthropoda-Taxons, die Chelicerata, idiosynkratische sensorische Organe an verschiedensten Körperregionen. Ein faszinierendes Beispiel liefern hier die Skorpione, welche so genannte Kammorgane an der ventralen Körperseite besitzen, direkt hinter dem letzten Laufbeinpaar. Diese Organe fungieren als bimodale Sensoren für chemo- und mechanosensorische Reize des Substrates. Kammorgane übernehmen somit eine ähnliche Funktion wie Antennen, wenn auch in einer gänzlich anderen Körperposition. Eine detaillierte Untersuchung der entsprechenden neuronalen Bahnen ist für unser Verständnis sensorischer Verarbeitung unabdingbar, nicht zuletzt im Vergleich zur neuronalen Verschaltung der Antennen anderer Arthopodengruppen. Zur Analyse der generellen Anatomie der Kammorgan-Neuropile, deren Innervation durch bimodale chemo- und mechanosensorische Kammorgan-Sensillen sowie durch unimodale mechanosensorische Haarsensillen verwendeten wir moderne neuroanatomische Methoden, inklusive Kombinationen von Immunmarkierungen, anterograden und lipophilen Tracing-Techniken, konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie und computergestützter 3D-Rekonstruktion. Des Weiteren untersuchten wir die Neuroanatomie der Pilzkörper von Skorpionen, welche als höheres Integrationszentrum für Signale aus den Kammorgan-Neuropilen gelten. Zur Darstellung von artspezifischen Unterschieden der Kammorgan-Bahnen und höheren Integrationszentren untersuchten wir Skorpionsarten aus unterschiedlichen Habitaten und mit unterschiedlicher systematischer Stellung. Neben grundsätzlichen Gemeinsamkeiten konnten wir sowohl in der Anatomie der Kammorgan-Neuropile als auch der Pilzkörper artspezifische Unterschiede beobachten. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass die Neuroanatomie der Kammorgan-Bahn nicht nur phylogenetische Beziehungen widerspiegelt, sondern auch Modifikationen in Bezug auf das Habitat und den Grad des Sozialverhaltens. Weiterhin konnten wir zeigen, dass Afferenzen von Neuronen unimodaler Haarsensillen in spezifische Bereiche des Nervensystems projizieren. Dies lässt die Einbindung in reflexartige Anpassung der Körperhöhe und Vermeidung von Hindernissen sowie die akkurate Ausrichtung der Kammorgane zur Aufrechterhaltung ihrer Funktion vermuten. Bezüglich bimodaler Kammorgan-Sensillen fanden wir klare Hinweise, dass deren chemo- wie mechanosensorische Afferenzen das Kammorgan-Neuropil somatotopisch innervieren. Auch wenn diese Beobachtung weiterer Prüfung bedarf, ist dies ein faszinierendes Ergebnis, da diese Art afferenter Projektionen unseres Wissens nach einzigartig ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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