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Interindividuelle Unterschiede von Augenbewegungen in sensomotorischen Aufgaben

Antragsteller Dr. Christian H. Poth, seit 3/2020
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 418552203
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein Großteil der Interaktion des Menschen mit der Umwelt ist gesteuert durch das Sehen. Schnelle sakkadische Augenbewegungen ermöglichen es den Blick auf interessierende Objekte zu lenken, anschließendes Stillhalten und Fixieren des Blicks erlaubt es, visuelle Informationen über die Objekte aufzunehmen und für die Handlungssteuerung nutzbar zu machen. Die Charakteristika sakkadischer Augenbewegungen und Fixationen (wie z.B. Dauer oder zeitliche Nähe zur Handlung) während der Durchführung von Handlungssequenzen können Aufschluss darüber geben, welche kognitiven Prozesse an der Handlung beteiligt sind. Die Allgemeine Psychologie untersucht hierbei die kognitiven Prozesse, die bei allen Menschen an der Handlung beteiligt sind. Unterschiede zwischen Menschen werden hierbei vernachlässigt. Dies ist insofern problematisch, als dass auch die mit den kognitiven Prozessen assoziierten Augenbewegungsmaße interindividuell variieren. Für die meisten Maße ist unklar, ob interindividuelle Unterschiede Informationen über die kognitiven Prozesse und die individuellen Personen liefern, die zum Verständnis der Prozesse beitragen können und die Maße für die Nutzung zur Diagnostik kognitiver Leistungen und Beeinträchtigungen erschließen könnten. Ziel dieses Forschungsprojekts war es daher, herauszufinden, welche interindividuellen Unterschiede in Augenbewegungen und der Auge-Hand- Koordination zwischen Menschen bestehen, auf welche basalen kognitiven Prozesse diese Unterschiede zurückgeführt werden können und ob oder inwieweit die Unterschiede über die Zeit und Lernerfahrungen hinweg stabile Personeneigenschaften (Traits) darstellen und so die Grundvoraussetzung für diagnostische Anwendungen erfüllen. Die Studien der Forschungslinie 1 zeigen, dass substantielle interindividuelle Unterschiede in Augenbewegungen und der Auge-Hand-Koordination in sensomotorischen Aufgaben existieren. Maße der Verhaltensleistung und Augenbewegungen in solchen Aufgaben können entweder durch experimentelle Manipulationen wie die strategische Betonung der Bearbeitungsgeschwindigkeit oder - akkuratesse oder durch interindividuelle Unterschiede dominiert werden. Dies wirkt sich auf Zusammenhänge dieser Maße mit anderen Maßen aus. Eine Reihe interindividueller Unterschiede in Augenbewegungen scheint mit kognitiven Prozessen wie der visuellen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und dem visuellen Arbeitsgedächtnis zusammenzuhängen. Unterschiede zwischen individuellen Augenbewegungsparametern könnten kausal auf interindividuelle Unterschiede in der visuellen Arbeitsgedächtniskapazität zurückgehen, da experimentelle Manipulationen der verfügbaren Arbeitsgedächtniskapazität die Augenbewegungsparameter beeinflussten. Ebenfalls scheinen einige Augenbewegungsparameter in sensomotorischen Aufgaben der visuellen Suche von der Aufteilung der Aufmerksamkeitskapazität auf verschiedene visuelle Objekte abzuhängen, so dass sie beeinflusst waren durch die Anzahl, jedoch nicht durch die Ähnlichkeit zu ignorierender Ablenkreize. Die Studien der Forschungslinie 2 zeigen, dass es sich bei einigen interindividuellen Unterschieden in Augenbewegungen und der Auge-Hand-Koordination in sensomotorischen Aufgaben um stabile, die Zeit überdauernde Personenmerkmale (Traits) handelt, während andere eher zeitlich instabile Personenzustände abzubilden scheinen. Gleiches gilt für die Stabilität interindividueller Unterschiede in Augenbewegungen über das Lernen sensomotorischer Handlungen hinweg, bei dem nämlich einige dieser Unterschiede über das Lernen (rang-) konstant sind, wohingegen sich andere über das Lernen verändern bzw. durch eine Vereinheitlichung der Augenbewegungen verschwinden. Zusammenfassend demonstriert dieses Forschungsprojekt, dass sich Menschen in ihren Augenbewegungen bei der Bearbeitung sensomotorischer Aufgaben unterscheiden, dass diese Unterschiede zeitlich stabile Personeneigenschaften darstellen können und liefert einige kognitive Mechanismen, deren individuelle Ausprägung diesen Unterschieden zugrunde liegen könnte. Ausgehend von diesen Ergebnissen könnten Augenbewegungen in sensomotorischen Aufgaben daher für die Diagnostik kognitiver Leistungen eingesetzt werden (z.B. bei Patient:innen mit Hirnschädigungen in der Neuropsychologie).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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