Affektive Mechanismen geteilter Aufmerksamkeit und gemeinsamer Handlung in der frühen Kindheit
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Neugeborene finden sie sich in einer komplexen Umwelt voller verschiedener Sinneseindrücke wieder. Um diesem Meer an Eindrücken Herr zu werden, orientieren sich schon die ganz Kleinen an anderen Menschen. Sie nehmen Kontakt zu ihren Mitmenschen auf, sie weisen spontan andere auf Spannendes hin oder helfen anderen. Woher kommt dieses Interesse an anderen Menschen? Macht es den Kindern Freude, mit ihren Mitmenschen zu interagieren? Im Projekt "Affektive Mechanismen geteilter Aufmerksamkeit und gemeinsamer Handlung in der frühen Kindheit" untersuchten wir, wie sich die intrinsische Motivation mit anderen Menschen zu interagieren in der frühen Kindheit entwickelt und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf das frühkindliche Verhalten und Lernen hat. Es ist eine Herausforderung, intrinsische Motivation im Säuglings- und Kleinkindalter zu messen. In unserem Projekt untersuchten wir emotionale Prozesse bei 4 und 10 Monate alten Säuglingen im Zusammenhang mit geteilter Aufmerksamkeit (zwei Personen betrachten gemeinsam ein Spielzeug) und bei 10, 14 und 24 Monate alten Kindern bei gemeinsamen Handlungen (zwei Personen führen gemeinsam eine Handlung aus) unter Einsatz von Pupillometrie, Blickbewegungsmessung, Muskelaktivität von Gesichtsmuskeln, und Körperhaltungsmessung. In Projekt 1 ermöglichten wir es Säuglingen über interaktive Blickbewegungsmessung mit einem Computer-Avatar zu interagieren. Dabei folgte die Person entweder der Blickrichtung des Kindes oder schaute in eine andere Richtung. Kinder im Alter von 10 Monaten, aber noch nicht im Alter von 4 Monaten, freuten sich (d.h. ihr Lachmuskel war stärker aktiviert), wenn eine Person ihrem Blick folgte. Der Lachmuskel war auch verstärkt aktiviert, wenn sie diese Person wiedersahen. Ob eine Person dem Blick der Kinder folgte, oder sich selbst für ein Spielzeug entschied, machte keinen Einfluss auf die Lernleistung der Säuglinge. Ältere Kinder sind bereits zu komplexeren Formen des sozialen Miteinanders im Stande. Eine besondere soziale Interaktion ist das Hilfeverhalten. Dabei ist noch unklar ist, aus welchen Gründen Kinder helfen: Helfen sie, weil sie sehen möchten, dass auf die Bedürfnisse anderer Personen eingegangen wird? Oder helfen Kinder, weil sie generell gerne mit anderen Menschen zusammen sind. Die Ergebnisse von Projekt 2 deuten darauf hin, dass sich das Hilfeverhalten älterer Kinder aus einem spezifischen Interesse an prosozialen und nicht allgemein sozialen Verhaltensweisen speist. So werden 14 Monate alte Kinder emotional involvierter, wenn sie sehen, wie anderen geholfen wird und zeigen, gemessen über ihre Körperhaltung, mehr positive Emotionen, wenn sie selbst anderen helfen im Vergleich zu einem sozialen Miteinander. Im Alter von 14 Monaten werden die ersten Weichen für prosoziale Motivation gestellt und diese Motivation anderen zu helfen zeigt einen anderen Entwicklungsverlauf als die Motivation mit anderen zu interagieren. Die Ergebnisse beider Projekte zeigen, dass die Ursprünge von sozialer und prosozialer Motivation in den ersten beiden Lebensjahren zu finden sind. Zum ersten Mal ist es gelungen, mit einer repräsentative Stichprobengröße, die emotionalen und kognitiven Grundlagen von geteilter Aufmerksamkeit und gemeinsamen Handeln systematisch zu erfassen. Bereits in der frühen Kindheit sind positive Emotionen ein wichtiger Motivator für soziales Miteinander.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Exploring the social origins of young children’s prosocial attention. Paper presented at the International Congress on Infant Studies (ICIS), Ottawa, Canada.
Becker, N.; Schmidt, D.; Thiele, M.; Haun, D. B. M.; Michel, C. & Hepach, R.
-
Positive Affect and its relation to prosociality and joint action in toddlerhood. Paper presented at the Biennial Meeting of the International Society for the Study of Behavioural Development (ISSBD), Rhodos, Greece.
Becker, N.; Schmidt, D.; Gerdemann, S. C.; Michel, C. & Hepach, R.
-
The development of affective mechanisms underlying the initiation of joint attention in infancy. Poster presented at the International Congress of Infant Studies (ICIS), Ottawa, Kanada.
Schmidt, D.; Becker, N.; Thiele, M.; Hepach, R. & Michel, C.
-
Investigating the influence of affective facial expressions on infants’ object encoding in the first year of life. Poster presented at the 25. Fachgruppentagung Entwicklungspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs).
Michel, C. Schmidt, D. & Thiele, M.
-
Little eyes, big emotions: Pupillometry as a measure of infants‘ affect. Paper presented at the Fachgruppentagung Entwicklungspsychologie (EPSY), Berlin, Deutschland.
Schmidt, D.; Thiele, M.; Hepach, R.; Becker, N. & Michel, C.
-
The effect ofgaze leading and gaze following on 9.5- to 11.5-month-old infants’ object encoding. Poster presented at the Fachgruppentagung Entwicklungspsychologie (EPSY), Berlin, Deutschland.
Schmidt, D.; Thiele, M.; Hepach, R.; Becker, N. & Michel, C.
