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Legitimationsquellen regionaler Governance im globalen Süden

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2019 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 425189285
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Suche nach den Legitimationsquellen von Regionalorganisationen aus dem globalen Süden hat einige Ausgangsvermutungen bestätigen können, aber auch etliche neue Befunde erbracht. So verwundert es angesichts der Erfahrungen der Länder des globalen Südens mit Imperialismus, Kolonialismus und Post-Kolonialismus nicht, dass die untersuchten Regionalorganisationen in erster Linie dazu dienen, sich vom „Westen“ abzugrenzen, territoriale Integrität und politische Souveränität zu schützen und die sicherheitspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit in der jeweiligen Region zu fördern. Dabei zeigten sich jedoch zum Teil deutliche Unterschiede zu den im Westen etablierten Souveränitätsverständnissen. So stehen in den untersuchten Regionen Formen der Zusammenarbeit im Vordergrund, die nach außen harmonisch wirken, nach innen aber durch schwache Institutionalisierung, flexible Verfahren und eine konsensuale Ausrichtung die Souveränität der Mitgliedsstaaten schützen sollen, statt Souveränität zu poolen. Die Regionalorganisationen rekurrieren bei ihrer Zusammenarbeit auf Normen und Ziele, die einerseits auf regionalen kulturellen Werten und andererseits auf Erfahrungen und Ereignissen, von denen die Region betroffen war und die Politiker, Intellektuelle und Meinungsführer bereits viele Jahre beschäftigt haben, basieren. Zwar sind auch westliche liberale Normen unter bestimmten Umständen einflussreich, sie werden aber nicht ohne weiteres akzeptiert, sondern stattdessen so rekonstruiert, dass sie mit lokalen Normen und Identitäten vereinbar sind. Dies zeigt sich bspw. an der Norm der Partizipation. Zwar enthalten die Verträge der ROs hochfliegende Versprechungen hinsichtlich der Idee der Partizipation von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft, das Engagement der Mitgliedsstaaten und der Institutionen, die für die Umsetzung dieser Idee gegründet wurden, sind jedoch schwach geblieben. Den drei ROs ist zudem gemeinsam, dass sie zwar jeweils eine beeindruckende Zahl an Deklarationen, Protokollen und Konventionen verabschiedet haben, die eine Reihe von Kernprinzipien und -normen aufweisen, deren Umsetzung sich die Mitgliedsstaaten vorgeblich widmen. Allerdings bilden diese Prinzipien und Normen vor allem einen gemeinsamen rhetorischen Bezugsrahmen, der für die Wahrnehmung der Regionen als geeinte Akteure sorgt. Nach Einschätzung zahlreicher Praktiker und Analysten bilden sie allerdings nicht die realen Beziehungen zwischen den Staaten ab, die von einem Implementations- und Regelbefolgungsdefizit gekennzeichnet sind. Dis ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Mehrheit der regierenden Eliten bis heute dazu neigt, staatliche Souveränität als Quelle von Macht, Privilegien und Wohlstand zu begreifen. Zahlreiche Regierungen aus den drei Regionen neigen deshalb dazu, die nationale Sicherheit – definiert als das Überleben des Regimes – über das Wohlergehen der Mehrheit ihrer Bürger zu stellen. Gepaart mit den Machtkämpfen zwischen den politischen Eliten über die Ziele und Ausgestaltung der ROs hat dies zu politischen Ergebnissen geführt, die die Legitimität der Regierenden und der Regierungsinstitutionen ernsthaft schwächen. Mit Bezug auf die globale Ordnung lässt sich schlussfolgern, dass die westlichen geprägten internationalen Organisationen die Souveränitätsbedürfnisse der Staaten des globalen Südens stärker berücksichtigen und ihr Verständnis universeller Prinzipien und Normen für die Interpretationen aus dem globalen Süden öffnen sollten, ohne dabei deren Kern aufzugeben.

 
 

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