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Edition von Albrecht Ritschls Vorlesung über die Katholischen Briefe vom Sommersemester 1881

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2019 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 426050742
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Albrecht Ritschl (1822-1889) war im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts der führende Theologe im deutschsprachigen Raum. Seine Schriften wurden etwas zeitversetzt auch ins Englische übertragen und daraufhin auch international breit rezipiert. In Deutschland übte die Ritschlsche Theologie auch noch bis in die Zeit der Weimarer Republik einen beachtlichen Einfluss aus. Dabei spielte sein großer Schülerkreis eine wichtige Rolle, insbesondere Adolf Harnack, Julius Kaftan, Friedrich Loofs, Ferdinand Kattenbusch und Wilhelm Herrmann. Letzterer war der Lehrer von Karl Barth und Rudolf Bultmann. Ritschls Exegese bewegt sich zunächst auf der rein historisch-kritischen und philologischen Ebene. Hier werden die zeitgenössischen dogmatischen Vorstellungen suspendiert, im Unterschied zur konfessionellen Exegese und derjenigen der älteren Vermittungstheologie. Bei den katholischen Briefen zeigt sich Ritschl als sehr konjekturfreudig und entdeckt reichhaltige Glossen, während er die Frage nach der Autorschaft teilweise überraschend konservativ beantwortet. Der erste Petrusbrief stamme vom Jünger Jesu, der zweite hingegen enthalte zwei ursprünglich selbständige Briefe, die zwar von einem einzigen Autor, aber nicht vom Apostel geschrieben seien. Dass Jakobus, der Bruder Jesu, den Jakobusbriefs verfasst habe, hält Ritschl nicht für unmöglich, aber auch nicht für beweisbar. In einem zweiten Schritt seiner Vorlesung zeichnet Ritschl die einzelnen Briefe bald mehr, bald weniger detailliert in den Rahmen einer Biblischen Theologie ein. Die traditionsgeschichtliche Analyse ist sehr stark ausgeprägt und greift weit auf die verschiedenen alttestamentlichen Traditionslinien zurück. Auch die Verhältnisbestimmung zwischen den katholischen Briefen und anderen Teilkorpora des NT wird systematisch durchgeführt. Auch dabei homogenisiert Ritschl der Kanon keinesfalls. „Biblische Theologie“ bedeutet bei Ritschl der Versuch, traditionsgeschichtliche Gemeinsamkeiten und Differenzen der neutestamentlichen Schriftengruppen herauszuarbeiten. Der Umgang mit diesen Differenzen fällt dann aber in die systematische Theologie. Erst im dritten Schritt geht Ritschl dann gelegentlich ausführlicher auf die Auslegungsgeschichte solcher Verse und Abschnitte ein, die dogmen- und theologiegeschichtlich relevant sind. Hier zeigt sich, dass Ritschl nicht nur Exeget und Theologiehistoriker, sondern auch Systematiker war. Er analysiert den natur- und geisteswissenschaftlichen Vorstellungshorizont seiner Zeit und macht biblische Traditionen für aktuelle Problemlagen sprechend. In diesem hermeneutischen Zirkel versucht er, eine sowohl zeitgemäße als auch offenbarungsgeschichtlich begründbare Position zu entwickeln.

 
 

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