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Die Fortsetzung des Krieges mit digitalen Mitteln – Die Überformung militärhistorischer Ausstellungen und Wahrnehmungsverschiebung Besuchender durch Extended Reality

Antragsteller Dr. Christopher Sommer
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung seit 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 426340978
 
Das moderne militärhistorische Museum kann – je nach den politischen Voraussetzungen - reflexiver Lernort oder Propagandamaschine sein. Der Besuch oszilliert zwischen ästhetischem Erlebnis und wohligem Schaudern angesichts des Arsenals der Zerstörung. Er kann zum Nachdenken über die conditio humana anregen oder als Multiplikator für politisch motivierte Narrative dienen. Vielleicht gerade wegen dieser Gegensätze und seiner kontroversen Stellung in der Gesellschaft, erfreut es sich großer Beliebtheit unter Besuchenden und hat sich neue Besucherkategorien erschlossen. Auch in der Musealisierung des Krieges zeichnet sich ein neuer Trend ab, dessen Auswirkungen ungewiss sind: der verstärkte Einsatz digitaler immersiver Technologien. Beispielsweise können durch Augmented Reality Apps weiterführende Informationen im Sichtfeld Besuchender eingeblendet oder Repräsentationen des Grabenkriegs des Ersten Weltkriegs in virtueller Realität erfahren werden. Fortschritte im Bereich Künstliche Intelligenz und der Verarbeitung natürlicher Sprache ermöglichen es Veteranen des Zweiten Weltkriegs, also Zeitzeugen, mittels Spracherkennung und einer angeschlossenen Datenbank an Videoaufnahmen, auf gesprochene Fragen der Besuchenden passende Antworten zu geben. Diese Anwendungen erlauben es Besuchenden sich mit historischen Szenarien in immersiven virtuellen Welten zu beschäftigen und – in vielen Fällen – auch mit der Erweiterten Realität (XR) zu interagieren. Interpretation und Narrativ werden mehr und mehr durch Besuchende beeinflusst. Dies kann Handlungsspielräume suggerieren, die historischen Akteuren unter den gegebenen Umständen nicht zur Verfügung standen und Geschichtsbilder kontrafaktisch verzerren. Je weiter sich XR-Anwendungen technisch entwickeln und noch überzeugender werden, desto wichtiger ist eine kulturwissenschaftliche Perspektive auf diese Innovation. Museen werden sich entscheiden müssen inwiefern sie diese neue Entwicklung annehmen oder sich bewusst gegen diese stellen. Militärhistorische Museen agieren hier als Pioniere, findet sich doch eine beachtliche Zahl an XR-Erfahrungen in diesen Museen in dieser Sattelzeit. Doch fehlt eine umfangreiche qualitative Erhebung der Wahrnehmungspotenziale digitaler immersiver Technologien. Die Studie möchte diese Lücke füllen und die Wirkung von XR-Erfahrungen in neun Museen in Nordamerika, Westeuropa und Osteuropa mit Methoden der qualitativen Besuchendenforschung herausarbeiten. Es soll die Frage beantwortet werden, wie diese immersiven Technologien durch Besuchende in militärhistorischen Ausstellungen wahrgenommen werden und welche Wirkung sie auf deren Geschichtsverständnis und individuelles Empfinden haben. Weiterhin muss die Frage beantwortet werden, welche erinnerungspolitischen Ziele die Museen durch den Einsatz dieser Technologie verfolgen. Qualitative Methoden der Besucherforschung sollen durch VR-unterstütze Interviews sowie der Moderationstechnik Lego Serious Play weiterentwickelt werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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