Detailseite
Projekt Druckansicht

Hochaufgelöste Phasenkontrast-Transmissionselektronenmikroskopie durch Kombination von physikalischen Phasenplatten mit Aberrationskorrektur und deren Anwendung auf Nanomaterialien

Antragsteller Dr. Simon Hettler
Fachliche Zuordnung Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Förderung Förderung von 2019 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 426844174
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit der Entwicklung von Aberrationskorrektoren hat sich die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) zu einer der meist angewendeten Technik entwickelt, um verschiedenste Proben aus unterschiedlichen Fachgebieten mit höchster räumlicher Auflösung zu untersuchen. In einem vollständig korrigierten Mikroskop ist jedoch der Phasenkontrast in fokussierten TEM Aufnahmen minimal, was insbesondere bei dünnsten Proben aus leichten Elementen nahezu der einzige Beitrag zum Bildkontrast ist. Auch viele Nanomaterialien fallen unter diese Kategorie. Durch Defokussieren kann der Phasenkontrast zwar kontrolliert werden, jedoch nur in begrenztem Maß und unter Verlust der direkten Interpretierbarkeit der Aufnahmen. Physikalische Phasenplatten (PPn) bieten eine weitere Möglichkeit, Phasenkontrast im Bild zu verstärken, indem sie eine zusätzliche Phasenschiebung zwischen gestreutem und ungestreutem Anteil der Elektronenwelle induzieren. PPn finden in Biologie und Medizin vermehrt Anwendung, aber bieten auch vielversprechende Möglichkeiten in den Materialwissenschaften in Verbindung mit Aberrationskorrektur. In diesem Projekt wurde diese Möglichkeit experimentell und durch Simulationen erforscht. Es gibt verschiedene Ansätze, um PPn experimentell zu realisieren. In einer Simulationsstudie wurden sieben experimentell bereits realisierte Ansätze anhand von drei Testproben aus verschiedenen Fachbereichen und realistischen Annahmen der PP untersucht. Die Studie zeigt, dass es stark sowohl vom Typ der PP als auch der untersuchten Probe abhängt, ob eine Anwendung von PPn gewinnbringend ist. Für große biologische Proben bietet lediglich die sogenannte lochfreie PP, welche auf einem dünnen Materiefilm basiert, einen starken Kontrastgewinn, während für hochauflösende TEM elektrostatische PPn vorteilhaft sind, die ein stark lokalisiertes elektrostatisches Potential generieren. Die Bedeutung der korrekten Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen Elektronenwelle und der PP sowie deren Einfluss auf den Bildkontrast konnte aufgezeigt werden. Die zur Simulation verwendete Software ist frei verfügbar. Im Hinblick auf Anwendungen in Verbindung mit Aberrationskorrektur bei höchsten Auflösungen wurde berechnet, wie Phaseninformation in Abhängigkeit von der Objektgröße (Raumfrequenz) in Bildkontrast transferiert wird. Dabei wurde ersichtlich, dass PPn, welche eine räumlich stark lokalisierte Phasenverteilung besitzen, den Phasenkontrast bei höchster Auflösung zusätzlich dämpfen. Dies betrifft insbesondere die lochfreie PP. Simulationen und Berechnungen zeigen, dass elektrostatische PPn am geeignetsten für Anwendungen in aberrationskorrigerter TEM sind. Ziel des Projekts war es daher, eine solche PP in ein entsprechendes Mikroskop einzubauen. Die dafür nötige Halterung mit elektrischer Durchführung konnte jedoch im Laufe des Projekts nicht ausreichend vakuumdicht hergestellt werden. Experimente wurden daher mit einer Zernike PP, welche aus einem dünnen, amorphen Kohlenstofffilm mit Loch besteht, durchgeführt, da diese auf der herkömmlichen Halterung implementiert werden konnte. Die Untersuchung der Abbildungsbedingungen zeigte, dass die ungeheizte PP nicht kontaminiert, sich unter intensiver Bestrahlung allerdings elektrostatisch auflädt. Dennoch eignete sich die Zernike PP für die Abbildung verschiedener Nanomaterialien. Im Laufe des Projekts wurden zahlreiche, von Kollaborationspartnern synthetisierte Nanomaterialien zunächst mit herkömmlicher Mikroskopie und Spektroskopie untersucht, um geeignete Proben für die Untersuchung mit PPn zu finden. Einige dieser Nanomaterialien wurden eingehender untersucht und wichtige Informationen über Struktur und Zusammensetzung gewonnen. Die Untersuchung von beschalten Eisen/Cobaltoxid Nanopartikeln, CuS/MoS 2 Hybriden, Nanoröhren aus „Misfit“ Schichtverbünden sowie aus Ton half den Kollaborationspartnern, makro- und mikroskopische Eigenschaften der Nanomaterialien zu verstehen und zu erklären. Zusätzlich wurde der Reduktionsprozess von Graphenoxid detailliert per in-situ TEM studiert. Dabei wurde durch schrittweise Erhöhung der Stromstärke das Graphenoxid mittels Joule Wärme im Mikroskop reduziert und dabei wichtige Eigenschaften wie Zusammensetzung, sp 2 Gehalt und elektrische Leitfähigkeit verfolgt. Von den analysierten Nanomaterialien wurden Nanopartikel aus Eisenoxid, WS 2 und MoS2 für Studien mit PPn ausgewählt. Die experimentellen Ergebnisse aus der Kombination von Aberrationskorrektur und PP zeigen klar die generelle Vereinbarkeit beider Techniken. Die Aufnahmen bestätigen die aus Simulationen und Berechnungen vermuteten Vorteile einer Anwendung von PP: Phasenkontrast wird deutlich verstärkt, was beispielsweise die gleichzeitige scharfe Abbildung von Strukturen mit atomarer Auflösung sowie die Morphologie der Probe auf Nanometer-Skala erlaubt. Aufgrund von Aufladungseffekten ist die Anwendung von ungeheizten Zernike PPn auf kleine Nanopartikel beschränkt. Die experimentellen Ergebnisse sind allerdings sehr vielversprechend und motivieren weitere Forschung an PPn in aberrationskorrigierter TEM.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung