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Die Sowjetunion, der ukrainische Nationalismus und die westliche Öffentlichkeit im Kalten Krieg - Propaganda, Politik und die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg
Antragsteller
Privatdozent Dr. Kai Struve
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 427775889
Das Projekt untersucht sowjetische Darstellungen des ukrainischen Nationalismus und sowjetische Versuche, das Bild der ukrainischen Nationalisten in den Ländern des Westens zu beeinflussen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Zeit des Kalten Kriegs. Im Zentrum sowjetischer Darstellungen stand die Zusammenarbeit ukrainischer Nationalisten mit dem nationalsozialistischen Deutschland während des Zweiten Weltkriegs. Die sowjetischen Darstellungen leisteten keinen Beitrag zur historischen Aufklärung, sondern konstruierten ein Feindbild, das in Russland bis in die Gegenwart wirksam ist. Im Jahr 2014 trug seine Instrumentalisierung in russischen Medien dazu bei, dass im Osten der Ukraine ein Krieg entstand. Im Jahr 2022 dienten der auf dieses Feindbild zurückgehende Vorwurf, dass die Ukraine von „Nazis“ regiert werde, und die Forderung nach einer „Denazifizierung“ der Ukraine Russland dazu, den umfassenden Angriff auf die Ukraine, der zum größten Krieg in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg führte, zu begründen. Das Projekt analysiert am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland, der USA und Kanadas aber auch den Diskurs über die ukrainischen Nationalisten in der Öffentlichkeit westlicher Länder, um festzustellen, ob und wie sowjetische Darstellungen rezipiert wurden. 2014 hatte der russische Vorwurf, dass es sich bei dem Euromajdan um einen „faschistischen Putsch“ handelte, auch in der internationalen Öffentlichkeit noch eine beträchtliche Resonanz. Auch dafür gab es eine Grundlage in Vorstellungen, die im 20. Jahrhundert in der Öffentlichkeit westlicher Länder über den ukrainischen Nationalismus entstanden waren. Das Projekt fragt daher auch danach, welchen Einfluss sowjetische Aktivitäten im Verhältnis zu anderen Faktoren dafür hatten, dass sich in der westlichen Öffentlichkeit Vorstellungen über den ukrainischen Nationalismus verbreiteten, die zentralen Motiven der sowjetischen Darstellungen oft ähnlich waren. In der ersten Phase des Projekts standen sowjetische Publikationen über die ukrainischen Nationalisten und die Kontexte und Ziele ihrer Erstellung sowie die Untersuchung sowjetischer Quellen zu Versuchen, das Bild der ukrainischen Nationalisten in der westlichen Öffentlichkeit zu beeinflussen, im Zentrum. In der zweiten Projektphase soll nun die Analyse der Sicht des ukrainischen Nationalismus in westlichen Ländern mit einem Schwerpunkt auf den Zentren der ukrainischen Diaspora in den USA und Kanada fortgesetzt werden. Die Forschungen in der ersten Projektphase haben aber auch erkennen lassen, dass besonders in Nordamerika zentrale Motive der Wahrnehmung des ukrainischen Nationalismus bereits in den 1930er Jahren erschienen. Daher soll in der zweiten Projektphase auch diese Zeit einbezogen werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen