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Die Ausgliederung der germanischen Sprachen: jenseits von Bäumen und Wellen
Antragsteller
Professor Dr. George Walkden
Fachliche Zuordnung
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung
Förderung von 2019 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 429663384
Seit ein näheres Verwandtschaftsverhältnis zwischen Nord- und Westgermanisch vorgeschlagen wurde, blieb unser Blick auf die hierarchischen Beziehungen zwischen den germanischen Sprachen mehr oder minder derselbe. Es schien, als seien alle relevanten Sprachen berücksichtigt und deren Abhängigkeiten und genetische Verwandtschaft am besten durch das Baummodell zu erklären, das Nordwest- und Ostgermanisch einschließt, wobei sich ersteres später in Nord- und Westgermanisch aufspaltete. Oft wurden dabei die kleineren, spärlicher belegten Sprachen außer Acht gelassen. Diese Sicherheit wurde jedoch begleitet von dem Zweifel daran, dass das Baummodell die beste Heuristik zur Beschreibung der Prozesse darstellt, die zu den frühen germanischen Sprachen führten. Die zugrundeliegenden sprachlichen und sozialen Vorgänge, die notwendig wären, um von einem solchen Modell dargestellt zu werden, sind in der Realität unwahrscheinlich. Baummodelle erfordern „harte“ Aufspaltungen, bei welchen sich zwei Sprachen gleichzeitig, mit wenig bis keiner späteren gegenseitigen Beeinflussung, von einer Ursprache abspalten. Langsame Ablösungsprozesse, wie sie in Dialektkontinua zu finden sind, in denen unterschiedlich schnelle asynchrone, konvergente und divergente Bewegungen von verwandten Sprachgemeinschaften auftreten, können kaum mit Baummodellen beschrieben werden. Infolgedessen wurden in der wissenschaftlichen Debatte einige Gegenvorschläge formuliert, die die Vorgänge während der Aufspaltung von Ursprachen besser erfassen. Ungeachtet ihrer Prominenz konnte keiner der Vorschläge, die von Wellentheorie über strahlenförmige Verbreitung von Veränderungen bis zur Glottometrie reichten, alle sprachlichen Daten erklären.Ein Versuch, das Problem computergestützt anzugehen, war die Übernahme neuer Methoden u.a. aus der Biologie. Diese Ansätze, besonders die Phylogenetik, brachten neue Techniken, um vorherige Annahmen mit den Ergebnissen der Modelle zu vergleichen. Im Bezug auf das Germanische hatten alle bisherigen Untersuchungen entweder einen weiten Rahmen, bspw. die gesamte Indogermanische Sprachfamilie, oder sie waren kurze Fallstudien. Das Ziel unseres Projekts wird daher sein, bekannte computerlinguistische Methoden auf das Germanische anzuwenden, mit Fokus auch auf den weniger belegen Sprachen. Da selbst diese Methoden die Daten nicht genau beschreiben, indem sie ebenfalls ein Baummodell voraussetzen, wird das letztendliche Ziel sein, ein neues Modell zu programmieren, das nicht nur unterschiedliche Wandelgeschwindigkeiten annimmt und spärlich belegte Sprachen miteinbezieht, sondern auch Dialektkontinua und schnelle Migrationsbewegungen simulieren kann. Das dafür beste Werkzeug ist die Agentenbasierte Modellierung, momentan eingesetzt in Politik-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Die agentenbasierten Modelle ermöglichen genau jene feinabgestimmten Spezialisierungsmöglichkeiten um das bestmögliche Modell für die Aufspaltung der germanischen Sprachen zu erstellen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen