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Genetik und Epigenetik der Zwangsstörung und von Endophänotypen der Zwangsstörung

Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendpsychiatrie
Förderung Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 430286440
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieser Studie wurden die genetischen und epigenetischen Grundlagen der Zwangsstörung mittels molekularer und bioinformatischer Ansätze untersucht. Durch Mitwirken an der bislang größten OCD-GWAS konnten wir zur Identifikation des ersten genomweit-signifikanten SNPs der Zwangsstörung, rs2581789 auf Chromosom 3, beitragen. Im Rahmen einer transdiagnostischen PGC-GWAS konnten zudem 109 SNPs identifiziert werden, die jeweils genomweit signifikant mit mindestens zwei verschiedenen psychischen Erkrankungen assoziiert waren. In beiden Konsortialstudien zeigten sich bedeutsame genetische Korrelationen zwischen der OCD und der Anorexie sowie mit Tic/Tourette-Störungen. Auf Basis unserer EPOC-Stichprobe konnten wir darüber hinaus zeigen, dass das (in Form eines PRS) aggregierte genetische Risiko für die Entwicklung einer Zwangsstörung mit dem Endophänotypenkandidat Harm Avoidance assoziiert ist und dass der Zusammenhang zwischen dem OCD-PRS und der OCD-Diagnose signifikant durch Harm Avoidance mediiert wird. Ein bedeutsamer Anteil des genetischen Risikos für eine OCD scheint also durch Variation in dieser Persönlichkeitseigenschaft vermittelt zu werden, was die Validität von Harm Avoidance als Endophänotyp der Zwangsstörung weiter bestärkt. Auf hirnphysiologischer Ebene zeigte sich, dass der OCD-PRS die mit dem Arbeitsgedächtnis assoziierte Aktivität im orbitofrontalen Kortex prädiziert. Auch hinsichtlich der epigenetischen Charakterisierung der Zwangsstörung erbrachten unsere Untersuchen aufschlussreiche Befunde. Anhand eines zweistufigen EWAS-Verfahrens, in dem die Berliner Substichprobe als Discovery Sample und die Bonner Probanden als Replication Sample diente, konnten 305 epigenomweit signifikante CpG-Stellen identifiziert werden. Die stärkste Assoziation mit der OCD wies dabei die Stelle cg17232014 auf (p < 10^-20 in beiden Subsamples). Basierend auf den 305 genomweit-signifikanten CpGs wurde analog zum PRS ein MPS berechnet. Dieser MPS könnte einen klinisch relevanten Biomarker darstellen, da er einerseits trennscharf zwischen Patienten und Kontrollen differenzierte, andererseits mit der OCD-Symptomschwere assoziiert war und in Interaktion mit dieser die Therapieresponse auf kognitive Verhaltenstherapie vorhersagte. In einem replikativen Kandidatengenansatz konnten wir zudem konfirmative Evidenz dafür finden, dass die OCD mit einer signifikanten Hypermethylierung von Exon III des Oxytocinrezeptor-Gens einhergeht, und dass diese erhöhte Methylierung die Therapieresponse prädiziert. Während der MPS keine substanziellen Zusammenhänge mit erfassten Umweltfaktoren aufwies, war die OXTR-Hypermethylation bei Zwangspatienten mit der Belastung durch stressvolle Lebensereignisse und bei Kontrollen mit traumatischen Kindheitserlebnissen assoziiert. Potenzielle Mediationseffekte von Umweltfaktoren konnten nicht bestätigt werden. Insgesamt tragen die Ergebnisse zum besseren Verständnis der biologischen Grundlagen der OCD bei und weisen auf den potenziellen Nutzen von Biomarkern für eine individualisierte Therapieplanung hin.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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